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HBS Böckler Impuls

Tarifverträge: Qualifizierung: Bewegung in den Köpfen

Ausgabe 02/2006

Weiterbildung per Tarifvertrag - nette Absichtserklärung oder wirksames Instrume nt zur Förderung lebenslangen Lernens? Eine Studie hat Erfahrungen mit zwei Qualifizierungsverträgen analysiert: Die Bewegung beginnt in den Köpfen.

Eine Qualifizierungswelle war nicht zu erwarten durch die behutsamen tariflichen Anstöße. Wohl aber haben die Tarifverträge sensibilisiert, so die Forscher der Universität Tübingen. "Dass das Thema wichtiger genommen und die Weiterbildungsmotivation gestärkt wurde, bestätigten etwa zwei Drittel der Betriebsräte und die Hälfte der Manager."

Der Qualifizierungsvertrag der baden-württembergischen  Metall- und Elektrobranche von 2001 setzt auf Impulse von unten. Jeder Beschäftigte hat einmal jährlich das Recht auf ein Qualifizierungsgespräch mit seinem Vorgesetzten. Konfliktfälle werden geregelt ausgetragen. Auch wenn kein grundsätzlicher Weiterbildungsanspruch besteht - durch das Gespräch findet das Thema Aufmerksamkeit. Folge: In jedem zweiten Betrieb sind Verbesserungen in Gang gekommen - der Bedarf an Fortbildung wurde genauer ermittelt, bisher vernachlässigte Gruppen wie die gewerblichen Beschäftigten profitierten, Schulungen wurden intensiviert.

Die westdeutsche Textil- und Bekleidungsindustrie finanziert seit 1997 einen paritätisch kontrollierten Weiterbildungsfonds. Mit 12,50 Euro pro Beschäftigtem im Jahr verwaltet er eher bescheidene Mittel, doch das Signal wirkt. Rund 25 Prozent der Betriebe nutzen die Qualifizierungsangebote des Fonds, Tendenz steigend. Gewerkschaft und Arbeitgeberverband entscheiden je zur Hälfte über die Verwendung der Mittel. Das Modell beweise, schließen die Forscher, dass überbetriebliche Fonds zur Finanzierung von Weiterbildung funktionieren können. Genutzt wurden eher klassische Seminarformen zur Qualifizierung. Nachholbedarf besteht bei arbeitplatznahen Weiterbildungskonzepten.

Insgesamt sind die Tarifverträge beider Branchen weitgehend konfliktfrei umgesetzt worden. Die Zusammenarbeit zwischen Management und Betriebsrat hat sich tendenziell verbessert. Zuvor befürchtete Einbußen an Flexibilität haben sich nicht bestätigt. Allerdings beklagen rund 60 Prozent der befragten Manager mehr Bürokratie. Die Tarifverträge setzen wichtige positive Anreize. "Sie sind für sich genommen aber nur sehr bedingt in der Lage, bestehende Defizite in der betrieblichen Weiterbildungspraxis zu korrigieren", so die Forscher. Die Tarifverträge haben beispielsweise nicht geschafft, gering Qualifizierte besser zu erreichen. Dafür bedürfe es Betriebsräte und Manager, die den Ball aufnehmen und in kooperativer Konfliktpartnerschaft Dinge vorantreiben. 

  • Jeder zweite Betrieb hat von der Einführung von Qualifzierungs-Tarifverträge profitiert. Zur Grafik

Reinhard Bahnmüller, Stefanie Fischbach, Barbara Jentgens: Die Qualifizierungstarifverträge für die baden-würtembergische M+E-Industrie und die westdeutsche T+B-Industrie, Vortrag Stuttgart 2005. Studie zum Download

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