Berichtszeitraum 1. Juli - 30. September 2019: Newsletter zum Europäischen Arbeitsrecht
Die neue Ausgabe unseres Newsletters bezieht sich auf den Berichtszeitraum Juli bis September 2019. Neben der gewohnten Darstellung und Einordnung aktueller Entwicklungen im Europäischen Arbeitsrecht ist mit der nunmehr 27. Ausgabe des HSI-Newsletters eine personelle Veränderung verbunden. Als neue wissenschaftliche Direktorin des HSI wird sich Dr. Johanna Wenckebach als weitere Herausgeberin in die Publikation einbringen und das Autor*innenteam mit Freude ergänzen.
Zusammen mit Laurens Brandt (derzeit Rechtsreferendar am HSI) bespricht Dr. Johanna Wenckebach sogleich unter II. ein aktuelles Urteil des EuGH in der Rs. Hakelbracht u.a. (C-404/18) zum Maßregelungsverbot der Gleichbehandlungsrichtlinie 2006/54/EG. Hintergrund ist die Kündigung einer Filialleiterin, die sich für eine aufgrund ihrer Schwangerschaft abgelehnte Bewerberin einsetzte.
Daneben hatte der EuGH im Berichtszeitraum verschiedene Urteile gefällt, die über den Einzelfall hinaus relevant sind. So wurde bspw. entschieden, dass die in der deutschen Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) festgelegten Mindest- und Höchstsätze gegen die Dienstleistungsfreiheit verstoßen. Aufgrund der Spezifika der HOAI lassen sich hieraus jedoch keine Rückschlüsse auf die Unionsrechtskonformität anderer gesetzlicher Mindestentgelte für Selbstständige ziehen. Weiter befasste sich der EuGH u.a. mit der Frage, nach welchen Kriterien bei einem Nahverkehrsunternehmen das Vorliegen eines Betriebsübergangs zu beurteilen ist und ob aus der Rahmenvereinbarung über Elternurlaub ein Anspruch auf feste Arbeitszeiten abgeleitet werden kann. Auch entsende- und vergaberechtliche Fragen sind - neben weiteren - Gegenstand aktueller Urteile. In seinen Schlussanträgen spricht sich Generalanwalt Øe für eine Lockerung der Bindungswirkung von A1-Bescheinigungen aus, sofern sie durch Betrug erlangt wurden. Ein neu anhängiges Verfahren bietet dem Gerichtshof die Gelegenheit, seine Rechtsprechung aus der Rs. Matzak zur Abgrenzung von Arbeits- und Ruhezeiten bei Bereitschaftsdienst bzw. Rufbereitschaft weiter auszudifferenzieren. Auf Vorlage des LSG NRW wird zudem ein Tatbestand zum Ausschluss von EU-Ausländer*innen von SGB II-Leistungen durch den EuGH auf seine Unionsrechtskonformität geprüft.
Aus der Rechtsprechung des EGMR wird die Rs. Iovcev u.a. / Republik Moldawien und Russland (Nr. 40942/14) näher beleuchtet. Klaus Lörcher arbeitet heraus, dass der Schutz gegen Mobbing am Arbeitsplatz von Art. 8 EMRK, der das Privat- und Familienleben schützt, umfasst sein kann. Wir danken dem Autor für die hierzu unter III. veröffentlichte Anmerkung.
Weitere Entscheidungen des EGMR betonen die Bedeutung der Vereinigungsfreiheit für eine demokratische Gesellschaft und behandeln insbesondere Fragen zum Recht auf ein faires Verfahren. In neu zugestellten Beschwerdeverfahren wird sich der EGMR u.a. mit dem Streikverbot für Beamte, dem Schutz von Whistleblower*innen vor Kündigung, dem Problem von Mobbing am Arbeitsplatz und der Immunität von ausländischen Arbeitgebern gegenüber nationalen Gerichten befassen.
Unter den "Sonstigen Informationen" unter VI. wird eine Übersicht über die weiteren aktuellen Entwicklungen im europäischen und internationalen Arbeitsrecht geboten. Es wird u.a. auf die neuen Ethikleitlinien für Künstliche Intelligenz der EU-Kommission hingewiesen sowie auf einen Bericht über die Umsetzung der Entsenderichtlinie. Die neue Europäische Arbeitsbehörde hat eine Website erhalten und ihre Arbeit aufgenommen. Ferner hat der Rat seine länderspezifischen Empfehlungen zur Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Haushaltspolitik der Mitgliedstaaten verabschiedet. Die Entwicklung eines rechtlichen Rahmens für Künstliche Intelligenz steht auch auf der Agenda des Ministerrats des Europarats, der hierzu einen Ausschuss eingerichtet hat. Die Parlamentarische Versammlung des Europarats verabschiedete eine Resolution zum Schutz von Whistleblowern. Der UN-Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung von Frauen veröffentlichte seine abschließenden Bemerkungen zum Staatenbericht Österreichs.
Quelle
Brandt, Laurens; Wenckebach, Johanna; Lörcher, Klaus; Hlava, Daniel; Höller, Johannes; Klengel, Ernesto; Jessolat, Karsten; Bustami, Ammar:
Newsletter zum Europäischen Arbeitsrecht
Newsletter zum Europäischen Arbeitrecht, 46 Seiten