Quelle: Jan Rathke
Service aktuellJahresrückblick 2022: Fakten für eine ökologisch, demokratisch und sozial nachhaltige Transformation
Die Zeitenwende nicht anderen überlassen: Unsere Geschäftsführerin Claudia Bogedan blickt zurück auf das krisenhafte Jahr 2022 und beschreibt, wie sich die Zeiten wieder zum Besseren wenden können.
[12.12.2022]
Das Jahr neigt sich dem Ende zu – Zeit zurückzublicken und Bilanz zu ziehen. Eines ist sicher: 2022 war ein Jahr mit einschneidenden Ereignissen. Vor 42 Wochen hat Putin seinen brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine gestartet. Die Folgen waren eine Energiepreiskrise und eine Rekordinflation in Deutschland, die gerade ärmere Familien besonders schwer getroffen hat, wie unser IMK berechnet hat.
Viele Menschen sind angesichts dieser aktuellen Vielfachkrisen verunsichert. In Befragungen unseres WSI zeigt sich, dass das Vertrauen in die Lösungsfähigkeit der Politik auf dem niedrigsten Punkt seit Beginn der Pandemie angelangt ist – auch wenn Entlastungsmaßnahmen wie die Gaspreisbremse von einem erheblichen Teil der Menschen positiv wahrgenommen werden. Bundeskanzler Olaf Scholz, den wir vor wenigen Wochen als Festredner auf einer unserer Veranstaltungen begrüßen durften, hat bereits früh einen Begriff für diese besondere Zeit gefunden: Es ist eine Zeitenwende. Ob sich die Zeiten zum Besseren oder zum Schlechteren wenden, ist bislang allerdings noch offen.
Die Hans-Böckler-Stiftung hat daher die sozial-ökologische Transformation zum Fokus ihrer Arbeit gemacht. Energiewende und Mobilitätswende werden in den kommenden Jahren unser Wirtschaften, unsere Lebensweise und Arbeitswelt grundlegend verändern. Dabei ist uns wichtig, dass es nicht nur um eine ökologisch nachhaltige Gestaltung der Arbeits- und Lebenswelt gehen darf, sondern es muss zugleich demokratisch und sozial nachhaltig sein.
Der größte Teil der Bevölkerung verbringt einen erheblichen Anteil der eigenen Lebenszeit bei der Arbeit. Dass es somit für die eigene Haltung zur Demokratie entscheidend ist, ob man den Arbeitsplatz als demokratiefreie Zone erfährt oder nicht, leuchtet unmittelbar ein. Die Arbeitgeber begründen fehlende Mitbestimmung häufig mit der unternehmerischen Freiheit. Doch Demokratie in der Arbeitswelt ist kein Selbstzweck, keine Sozialträumerei von Gewerkschaften, sondern ein zentraler, wichtiger Baustein für die Demokratisierung von Gesellschaft insgesamt.
Jüngste Forschung des WSI zeigt: Menschen, die an ihrem Arbeitsplatz eine Kombination aus Mitsprache, Kultur der Solidarität im betrieblichen Umgang und vorhandenen Institutionen kollektiver Interessensvertretung erleben, haben auch positivere Einstellungen zur Demokratie, ein höheres Vertrauen in die staatlichen Institutionen und mehr Politikinteresse.
Die Gewerkschaften haben diese Demokratisierung erkämpft und sorgen auch heute noch dafür, dass sie gelebt wird. Sie tun das nicht für sich, sondern stärken unsere Gesellschaftsordnung. Das ist gut für alle in diesem Land.
Diese Gesellschaftsordnung – die einen sagen dazu Soziale Marktwirtschaft, andere nennen es Rheinischen Kapitalismus – ist eben auch geprägt von sozialem Ausgleich, denn demokratische Teilhabe braucht auch materielle Teilhabe. Es ist daher kein Akt gewerkschaftlicher Borniertheit, deutlich höhere Löhne zu fordern. Es ist das gute Gespür von Gewerkschaften, sich dafür einzusetzen, gesellschaftlichen Zusammenhalt und Solidarität zu bewahren. Denn hohe Gewinne und Boni einerseits und Reallohnverluste andererseits lassen sich dauerhaft in der Breite der Belegschaften und der Bevölkerung nicht vermitteln. Fehlende materielle Teilhabe kann dann leicht zum Nährboden antidemokratischer Einstellungen werden.
Die Zeitenwende dürfen wir also nicht dem Zufall und erst recht nicht anderen überlassen. Die Hans-Böckler-Stiftung wird sich auch im kommenden Jahr wieder für eine ökologisch, demokratisch und sozial nachhaltige Transformation einsetzen und dafür Daten und Fakten liefern. Damit sich die Zeiten tatsächlich zum Besseren wenden können.
Doch zunächst wünschen wir Euch und Ihnen schöne Feiertage und einen guten Jahresausklang!
Dr. Claudia Bogedan ist die Geschäftsführerin der Hans-Böckler-Stiftung.
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