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Magazin Mitbestimmung

Offensive: Die Topthemen von morgen

Ausgabe 03/2016

Was fordert die Betriebsräte heraus? Das fragen wir Arbeitnehmervertreter, die auf einer Tagung von Hans-Böckler-Stiftung und IG BCE über Arbeit 4.0 und den Wert der Mitbestimmung debattierten. Von Gunnar Hinck

Betriebsräte werden in Zukunft starke Mitbestimmungsrechte brauchen

„Ja, Mitbestimmungsrechte müssen der neuen Arbeitswelt angepasst werden. Besonders bei der Weiterbildung, bei der Qualifizierung und bei flexiblen Arbeitszeiten brauchen wir kollektive Regelungen und ein starkes Mitbestimmungsrecht für die Betriebsräte.“ 

Edeltraud Glänzer, Stellvertretende Vorsitzende der IG BCE

Die Arbeitnehmer entscheiden in noch stärkerem Maße selbst über ihre Arbeitszeiten

„Wir sollten weniger die Sittenpolizei spielen, was die Regulierung von Arbeitszeiten angeht. Jüngere Kollegen wollen in der Regel flexible Arbeitszeiten und arbeiten auch mal länger. Wenn sie älter werden und Kinder bekommen, kommt das Bedürfnis nach stärkerer Regulierung automatisch. Wir sollten von einer Stellvertreterpolitik wegkommen und die Beschäftigten noch mehr einbinden – als Moderatoren.“ 

Hasan Allak, Betriebsratsvorsitzender und Aufsichtsrats­mitglied der Continental Reifen Deutschland GmbH 

Facharbeiter können sich auf das Erlernte nicht mehr verlassen

„Die Qualifikationen der Facharbeiter könnten durch die Digitalisierung entwertet werden. Darum brauchen wir mehr geregelte Weiterbildung. Hier bestehen allerdings Qualifizierungsdefizite beim Lehrpersonal selbst – sowohl bei Lehrern an berufsbildenden Schulen als auch beim betrieblichen Bildungspersonal.“ 

Rita Meyer, Institut für Berufspädagogik, Hannover

Mitbestimmung wird beim Einsatz von Software immer wichtiger

„Betriebsräte sollten beim Thema IT immer wieder nachhaken: Was macht eigentlich der Datenschutzbeauftragte? Welche neue Software soll eingeführt werden? Der Betriebsrat hat 
Informationsrechte, und er sollte sie auch immer einfordern. Nützlich ist ebenfalls eine IT-Rahmen­vereinbarung mit dem Arbeitgeber.“ 

Stephan Seiffert, Konzernbetriebsrats­vorsitzender Ardagh Group Germany GmbH

Wir Betriebsräte müssen die Belegschaft aktiv zur Weiterbildung motivieren

„Noch sind die gravierenden Folgen der Digitalisierung vielen nicht klar. Damit niemand im Betrieb abgehängt wird, brauchen wir eine vorausschauende Personalplanung, an der die Betriebsräte beteiligt sind. Die Herausforderung ist, diejenigen Kollegen zur Weiterbildung zu motivieren, deren Arbeitsplätze weitgehend automatisiert werden. Nur einfach lebenslanges Lernen zu fordern, verbreitet eher Angst“. 

Charles Hübler, Betriebsrat Merck, Darmstadt

Wir steuern dagegen, wenn Arbeitnehmergruppen im Betrieb konkurrieren 

„Absolventen, die direkt von der Hochschule kommen, fühlen sich oft den AT-Mitarbeitern näher, obwohl sie nach Tarif bezahlt werden. Und ältere Kollegen empfinden ihre Berufsausbildung gegenüber einem Bachelor als entwertet. Als Betriebsrat müssen wir gegensteuern, damit sich die Arbeitnehmer nicht auseinanderentwickeln.“

Anita Reisinger, Betriebsrätin bei Bayer Animal Health

Wir brauchen neue Rechte, weil Auslagerungen und Werkverträge das Mandat der Betriebsräte gefährden

„Durch Werkverträge wird die Handlungsgrundlage des Betriebsrates immer kleiner. Selbst wenn die Werkvertragsunternehmen mitbestimmt sind, ist eine Zusammenarbeit der Betriebsräte kaum möglich, weil die Interessen der Belegschaften zu unterschiedlich sind. Die Rechte eines Betriebsrats müssen in Zukunft auch für ausgelagerte Betriebsteile und Werkvertragsnehmer gelten. 

Peter Wendland, Betriebsrat BASF Schwarzheide

Die Kampagne

Die Statements holten wir ein auf der Fachtagung „Besser geht‘s mitbestimmt“, bei der 50 Arbeitnehmervertreter im April in der Hauptverwaltung der IG BCE in Hannover zusammen kamen – organisiert von der Gewerkschaft zusammen mit der Hans-Böckler-Stiftung für die „Offensive Mitbestimmung“. 

Ein Top-Anliegen der Betriebsräte ist die Professionalisierung ihrer komplexer werdenden Betriebsratsarbeit. Dabei wurden auch großzügigere Freistellungsregeln gefordert. Mehr Beteiligung der Belegschaft halten die Betriebsräte für ebenso wichtig wie das frühzeitige Vorbereiten des Generationenwechsels in den Gremien. Nicht zuletzt regten die gewählten Arbeitnehmervertreter an, dass man die Rechte des Betriebsrats strategischer und zielgenauer einsetzt.

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