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Ausstellung 'Die Letzten ihrer Art' Bundeskunsthalle Bonn Service aktuell

Ausstellung „Die Letzten ihrer Art“: Wenn Berufe vom Aussterben bedroht sind

Berufe verändern sich nicht nur, manche verschwinden auch ganz. Die Ausstellung „Die Letzten ihrer Art“, die am 3. Dezember in der Bundeskunsthalle Bonn eröffnet wurde, macht diesen Prozess sichtbar. Sie ist in Zusammenarbeit mit dem WSI entstanden.

[6.12.2022]

Von Carmen Molitor

Der Liedermacher Hannes Wader hat es schon in den 1970er Jahren besungen: „Was neu ist, wird alt und was gestern noch galt, gilt schon heut‘ oder morgen nicht mehr“. Wandel und Umbrüche sind der Lauf der Welt, nichts bleibt in Wirtschaft und Gesellschaft für immer wie es war. Das bringt wichtige Ideen, Entwicklungen und Technologien weiter. Aber in den Zeiten von Globalisierung, Digitalisierung und Energiewende hat diese Transformation der Berufswelt etwas so Rasantes und Atemloses bekommen, dass kaum Zeit bleibt, sich zu überlegen, was eine Gesellschaft durch den steten Umbau dauerhaft verliert.

Es hat also durchaus einen nostalgischen und fast meditativen Aspekt, durch die Ausstellung „Die Letzten ihrer Art“ in der Bundeskunsthalle zu schlendern und sich zu erinnern: Ja, so sahen die „Adler“-Nähmaschinen aus, die in Schneidereien und so manchem Privathaushalt standen. Stimmt, solche Waffeleisen und Spekulatiusmaschinen waren in Backstuben noch in den 50er Jahren gebräuchlich. Und in so eine Fahrerkabine mit Dieselzuglaufkatze haben sich Bergmänner in den längst geschlossenen Ruhrpott-Zechen täglich hineingezwängt. Genau, es gab nicht immer schon Selbstbedienungsläden, automatisierte Kassen oder Onlineshops, sondern auch kommunikative Menschen, die verkauften oder an der Kasse saßen. Und die Buchstabentafeln, die dort stehen, sind keine Scrabble-Spielbretter, sondern die wichtigsten Arbeitsmittel der Schriftsetzer.

  • 'Die Letzten ihrer Art' Ausstellung WSI
    "Die Letzten ihrer Art" - Pressekonferenz in Bonn am 1. Dezember 2022

Die Ausstellung erzählt an Beispielen und Exponaten aus Nordrhein-Westfalen die Geschichte von fünf Handwerken und Berufen, die im Überlebenskampf stecken oder ihn schon verloren haben: Textilindustrie, Bäckereihandwerk, Bergbau, Einzelhandel und das Setzer-Handwerk. Das Konzept hat Kuratorin Henriette Pleiger mit wissenschaftlicher Unterstützung von Bettina Kohlrausch, Wissenschaftliche Direktorin des WSI und ihrer Mitarbeiterin Magdalena Polloczek erarbeitet.

Es gehe ihnen nicht nur um die Darstellung der bedrohten Berufe selbst, sondern ganz wesentlich auch um die Lücke, die deren Verschwinden in einem Ort, einer Region und in Gesellschaft insgesamt hinterlässt, betonen sie. In der Ausstellung werde auch „körperliche, psychische und soziale Entfremdung, persönlicher, familiärer und regionaler Identitätsverlust oder auch Zukunftsangst“ deutlich, beschreibt Kuratorin Pleiger.

„Durch die Arbeit werden Menschen in der Gesellschaft zusammengehalten“, erläutert Bettina Kohlrausch. „Arbeit bringt eben nicht nur Geld, sondern auch soziale Anerkennung. Sie ist Ort und Rahmen kollektiven Zusammenhalts.“  Die Berufe prägten menschliche Beziehungen und Geschlechterverhältnisse und drückten oft ganzen Regionen ihren Stempel auf. Bestes Beispiel dafür in der Ausstellung: Der Bergbau im Ruhrgebiet, der eine ganz eigene Kultur hervorbrachte.

 „Handwerkliche Kreativität und Wissenstransfer von Kulturtechniken spielen eine wichtige Rolle für unser aller Bildung und Wohlbefinden“, fasste Kuratorin Pleiger zusammen. „Es ist deshalb wichtig, einige Handwerksberufe als immaterielles Kulturerbe zu bewahren.“ Bettina Kohlrausch ergänzte: „Am Wandel von Berufen lässt sich gut nachvollziehen, wie schwer es für die Gesellschaft sein kann, Veränderungen zu durchleben, ohne an Zusammenhalt zu verlieren.“ Es werde aber auch deutlich, wieviel Potenzial in dem Können von Menschen stecke, um die Zukunft zu gestalten.  

Informationen

Die Ausstellung „Die letzten ihrer Art“ ist bis 2. April 2023 in Bonn zu sehen, ein Veranstaltungsprogramm ergänzt sie. Sie bildet den Schlusspunkt der Veranstaltungsreihe „Mediate“, mit der das WSI die Rolle der Kultur in der Transformation beleuchtete. Schirmherrin ist Andrea Nahles, Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit.

Wie und warum unser WSI die Ausstellung zusammen mit der Bundeskunsthalle erarbeitet hat, haben Bettina Kohlrausch und Magdalena Polloczek auch in unserem Podcast Systemrelevant berichtet.

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