Quelle: Stephan Pramme
Service aktuellWahlen und rechte Diskursstrategien im Netz: Zeit, sich zu wappnen
Rechte Kräfte wappnen sich im Netz für den Wahlkampf-Marathon zur Europa-, Landtags- und Bundestagswahl. Christina Schildmann erläutert, wie das Projekt ReDiSS dabei hilft, rechte Social-Media-Strategien zu erkennen - und zu kontern.
[15.04.2024]
Keine zwei Monate mehr bis zur Europawahl, dann im September Schlag auf Schlag drei Landtagswahlen, danach 2025 Bundestagswahl – es stehen heiße Zeiten der politischen Auseinandersetzung bevor. Rechtsextreme und Rechtspopulisten bringen sich längst im Netz in Stellung für den Wahlkampf-Marathon. Auch Putin mit seiner Troll-Armee und Trumps ehemaliger Berater Steve Bannon planen, hier kräftig mitzumischen.
Ihnen gemeinsam ist die extensive Bewirtschaftung der drei großen „F“: Fakes, Feindbilder, Falschinformationen. Aktuelles Beispiel: Nach den Enthüllungen des Recherchenetzwerks Correctiv über das Geheimtreffen zur „Remigration“ von Menschen mit Migrationsgeschichte behaupteten die AfD und ihr Netzwerk unter anderem, die Demonstrationen, die der Correctiv-Bericht auslöste, seien von der Regierung bezahlt worden.
Zeit für die demokratischen Kräfte, sich zu wappnen gegen die Kampagnen auf Social Media, die da kommen werden. Wir freuen uns, dazu hoffentlich einen Beitrag leisten zu können: Das von uns geförderte Forschungsprojekt ReDiSS an der Universität Siegen (die Abkürzung steht für „Rechte Diskursstrategien gegen linke Politik in Social Media“) hat (neu)rechte und rechtspopulistische Sprache, Strategien und Taktik im Netz beobachtet, analysiert und beschrieben. Daraus entstanden ist ein digitales Handbuch, das hilft, die Kampagnen einzuordnen, zu entschlüsseln – und zu kontern: rechte-diskurse.de.
Beschrieben werden die Akteurs-Gruppen der rechtsextremen Twittersphäre: AfD, Neue Rechte, Identitäre Bewegungen – aber auch Gruppen, die offenbar nur im Netz existieren. Durch ihre Vernetzung miteinander versuchen sie im Internet (und nicht nur dort) eine komplette Gegenrealität zu erschaffen. Analysiert werden die Techniken und Taktiken, mit denen das geschieht, dazu gehört das Kapern von linken/emanzipatorischen Begriffen wie etwa Arbeiterpartei, Arbeiterklasse oder Solidarität. Auch wird gezeigt, mit welchen Begriffen und Methoden z. B. in den Diskurs zum Klimawandel interveniert wird – vermutlich eines der zentralen Felder rhetorischer Auseinandersetzungen der kommenden Monate.
Als Gegenmittel rät das Forschungsteam übrigens, nicht mit Empörung zu reagieren, weil dies die Aufmerksamkeit für besagte Kanäle noch steigert. Besser ist, rechtsextreme Diskurse im Netz ironisch zu kontern und im „analogen Leben“ Antworten auf reale gesellschaftliche Probleme zu formulieren. Das schlechteste Mittel wäre, vor der Welle aus Hass und Fakenews zu kapitulieren. Darum gilt für uns: Wir überlassen Social Media nicht denen, die täglich unsere Demokratie attackieren.
Christina Schildmann leitet die Forschungsförderung der Hans-Böckler-Stiftung.
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