Mietsituation in Großstädten: Wohnpolitik nach sozialen Kriterien ausrichten
Der soziale und gemeinnützige Wohnungsbau mit möglichst dauerhaften Mietbindungen muss ausgebaut werden. Von Dorothea Voss
[12.07.2021]
Fast die Hälfte aller Haushalte in deutschen Großstädten bezahlt mehr als 30 Prozent des Einkommens für die Miete, gut ein Viertel muss fürs Wohnen sogar mindestens 40 Prozent ausgeben. Am Ende des Monats herrscht vor allem bei vielen Mieter:innen mit niedrigen Einkommen Ebbe im Geldbeutel. Auch soziale Ungleichheit in der Gesellschaft wird durch die Wohnsituation verstärkt: Einkommensschwache Haushalte leben häufiger beengt und in schlechter ausgestatteten Wohnungen. Trotzdem zahlen sie im Verhältnis zu ihrem Einkommen viel Miete, während die Mietzahlungen in reichen Haushalten einen geringeren Anteil am Haushaltseinkommen ausmachen. Das sind die Ergebnisse einer von uns geförderten aktuellen Studie an der Humboldt-Universität zu Berlin.
Damit Wohnen nicht arm macht, muss zukünftig vermehrt dafür gesorgt werden, dass anständige Löhne gezahlt werden. Mehr Tariflöhne durch höhere Tarifbindung wären ein ganz wichtiger Faktor, um das Auseinanderdriften von sozialen Lebenslagen wirksam zu verhindern.
Genauso muss die Wohnpolitik selbst natürlich viel stärker nach sozialen Kriterien ausgerichtet sein. Weil gerade kleine und bezahlbare Wohnungen fehlen, ist der soziale und gemeinnützige Wohnungsbau mit möglichst dauerhaften Mietbindungen auszubauen.
Die Kommunen sollten mehr Möglichkeiten haben, die soziale Stadt zu gestalten. Einfach nur darauf zu vertrauen, dass der Markt es durch mehr Bauen schon regelt, führt dagegen in die Irre – teures Bauen bringt vor allem hohe Renditen. Hier ist aktive Politik gefragt. Für mich heißt das: Soziale Wohnpolitik muss bei der nächsten Regierung oben auf der Agenda stehen.
Dr. Dorothea Voss leitet die Abteilung Forschungsförderung der Hans-Böckler-Stiftung.