zurück
Das Bild zeigt Daniel Hay, den Direktor des I.M.U. in der Hans-Böckler-Stiftung. Service aktuell

Demokratie und Mitbestimmung: Weichenstellung zum Jahresabschluss

Das politische Jahr ist noch nicht vorbei – wichtige Entscheidungen stehen aus. Die Stärkung der Europäischen Betriebsräte könnte ein Signal für Mitbestimmung und Demokratie setzen. Was jetzt zählt, schreibt Daniel Hay.

[02.12.2024]

In wenigen Wochen beginnt für viele Menschen die schönste Zeit des Jahres. Noch ist es aber nicht so weit und es steht noch einiges an, bevor wir das politische Jahr gedanklich abschließen können.

Das Jahr 2024 startete aufgrund der im Sommer stattfindenden Europawahl bei einigen mit Sorgen um die Widerstandsfähigkeit der Demokratie. Aus zahlreichen Studien und auch praktischer Evidenz wissen wir: Mitbestimmung stützt den gesellschaftlichen Zusammenhalt und verbessert die Lebensbedingungen der Menschen. Sie leistet einen entscheidenden Beitrag zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie, zur Nachhaltigkeit, aber auch zur Stärkung unserer Demokratie. Die Teilhabe der Beschäftigten an Veränderungsprozessen ist die Voraussetzung für die Akzeptanz und das Gelingen ebendieser. Demokratie schützt man am besten, indem man sie für möglichst viele erlebbar macht.

Mit einer global vernetzten Wirtschaft und international aufgestellten Unternehmen muss völlig klar sein, dass Mitbestimmung nicht rein national aufgestellt sein kann. Europäische Betriebsräte (EBR) sind ein solches transnationales Element von Workers‘ Voice und ermöglichen den institutionalisierten europäischen Austausch von Arbeitnehmer*innen.

Aber: Während der Bedarf an europäischer Beschäftigtenvertretung steigt, weist die bisherige EBR-Richtlinie in der Umsetzung leider große Lücken auf. Die Beteiligungsrechte sind zu schwach und können sanktionsfrei durch das Management ausgehebelt werden. Trotz der von EU-Kommissar Nicolas Schmit und einigen deutschen Abgeordneten angestellten Bemühungen, schaffte es der durchaus positive Entwurf der überarbeiteten EBR-Richtlinie in der vergangenen Legislaturperiode nicht mehr zur Abstimmung ins Parlament. Umso wichtiger ist nun, dass das EU-Parlament zeitnah den Trilog-Verhandlungen mit dem Rat zustimmt.

Meine klare Erwartungshaltung ist, dass hier eine Stärkung der Rechte Europäischer Betriebsräte vorgenommen wird, um eine informierte Interessenvertretung in globalisierten Unternehmen zu fördern und zu festigen. Nur mit wirksamen Unterrichtungs- und Anhörungsrechten können EBR ihre Rolle im Gesamtkosmos der Mitbestimmung ausüben. Das Europäische Parlament ist nun gefragt und hat noch für wenige Wochen die Chance, uns den Jahresabschluss jedenfalls in dieser Hinsicht zu versüßen.

Dr. Daniel Hay ist der Wissenschaftliche Direktor des Instituts für Mitbestimmung und Unternehmensführung (I.M.U.) der Hans-Böckler-Stiftung.

Weitere Informationen

Stärkere Rechtsposition für Europäische Betriebsräte: Reformkonzepte von Parlament und Kommission jetzt umsetzen

Zähne für den Tiger? Die Revision der Europäischen Betriebsräterichtlinie und ihre Bedeutung für Deutschland, WSI Policy Brief Nr. 82

Der komplette Newsletter

HANS. 24/2024

Newsletter Hans.

Unsere Inhalte bequem alle 14 Tage in den Posteingang?
Jetzt hier unseren Newsletter HANS. abonnieren!

Zugehörige Themen

Der Beitrag wurde zu Ihrem Merkzettel hinzugefügt.

Merkzettel öffnen