Quelle: Alexander Wunsch
Service aktuellAutomobilzulieferer : Zukunftsträchtige Konzepte mit sicheren Arbeitsplätzen
Jeder wegfallende Arbeitsplatz kann nicht mehr transformiert werden. Es ist höchste Zeit mit Zukunftsinvestitionen und Strategien gegenzusteuern. Von Kai Bliesner
[19.10.2020]
Die Automobilindustrie: der einstige Glanz verblasst, wichtige Trends ignoriert, den Umschwung zu alternativen Antrieben zu spät eingeläutet, notwendige Investitionen verschlafen? Das öffentliche Image der erfolgsverwöhnten Schlüsselbranche der deutschen Industrie hat gelitten. Dabei steht sie vor einer gewaltigen Herausforderung: Sie muss sich transformieren, um das Ziel einer CO2-neutralen Mobilitätswirtschaft zu erreichen, und gleichzeitig nachhaltige Beschäftigung sichern.
Die Automobilbranche ist mit 436 Mrd. Euro Jahresumsatz der wichtigste Wirtschaftszweig des Landes. Für 70 Prozent der Wertschöpfung sind die Zulieferbetriebe verantwortlich. Gerade sie trifft das Gemisch aus Wandel und Krise mit voller Wucht. Bei vielen kleinen und mittelständischen Zulieferern reicht die vorhandene Liquidität noch wenige Monate. Verlagerungen, Standortschließungen und massiver Personalabbau sind die Folge. Dazu kommen Einsparungen bei Investitionen.
Millionen Beschäftigte hängen am heimischen Mobilitätssektor. Jeder wegfallende Arbeitsplatz kann nicht mehr transformiert werden. Daher ist es höchste Zeit mit Zukunftsinvestitionen und Strategien gegenzusteuern. Batterierecycling, Brennstoffzelle und synthetische Kraftstoffe bieten hierfür industrielle Chancen, nicht nur für die Autobranche.
Die IG Metall hat daher eine Reihe von zukunftsträchtigen Konzepten vorgelegt. Ein Transformationsfonds soll die Eigenkapitalsituation der Zulieferer verbessern und sie vor Insolvenzen schützen. Mit dem Instrument der Best Owner Group (BOG) sollen Mehrheiten an Automobilzulieferern erworben werden, deren Produktportfolio am Verbrenner hängt und die sich zwangsläufig verkleinern werden. So kann eine sozialverträgliche Transformation der Belegschaften über eine lange Distanz gesteuert werden.
Neben Beteiligungsmodellen braucht es eine präventive regionale Strukturpolitik – gerade dort, wo die Industrie durch Zulieferer geprägt ist. Die Förderung regionaler Transformationscluster mit einem Fonds durch Bundes- und Landesmittel wäre die passende Antwort auf dem Weg in eine moderne und klimaneutrale Mobilitätswirtschaft mit sicheren Arbeitsplätzen.
Wichtig ist aber auch der Blick auf die Beschäftigten: Kurzarbeit war und ist die richtige Antwort auf den Konjunktureinbruch. Jetzt muss dieses Instrument stärker mit Qualifizierung verknüpft werden. Die IG Metall schlägt hierzu eine Vier-Tage-Woche vor, die jedoch nicht auf eine allgemeine Reduktion der Arbeitszeit zielt, sondern auf einen tariflichen Rahmen, der flexibel auf die betriebliche Situation vor Ort anwendbar ist.
Kai Bliesner ist Ressortleiter Fahrzeugindustrie und Zulieferer im IG Metall Vorstand
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