Quelle: HBS
Magazin MitbestimmungVon MICHAELA NAMUTH: Wie weltweit für mehr "Gute Arbeit" gesorgt werden kann
Stiftung Mitbestimmung in grenzüberschreitenden Zulieferketten: Eine Studie zeigt auf, wie die betriebliche und die Unternehmensmitbestimmung in der Außenwirtschaftspolitik systematischer als bisher berücksichtigt werden könnten.
Von MICHAELA NAMUTH
Ob Autos, Toaster oder Fruchtsäfte – fast alle Produkte, die wir in Deutschland kaufen können, kommen von weit her. Zumindest ihre Einzelteile oder Zutaten. Unter welchen Bedingungen diese hergestellt werden, wissen wir meist nicht. Oder wir erfahren es nur, wenn eine Fabrik explodiert oder eine Obstplantage brennt und Menschen, die keine Arbeitsrechte haben, dabei sterben.
Da deutsche Hersteller und Handelsketten immer öfter von solchen Schlagzeilen betroffen sind, steht auch die Bundesregierung unter Druck. Sie hat deshalb das Ziel „Gute Arbeit weltweit” ausgegeben und zu diesem Thema Ende 2016 einen Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) beschlossen. Das Fazit einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung zum Thema „Mitbestimmung in Zulieferketten“ kommt jedoch zu dem Ergebnis, dass dieser wenig taugt, um die eigenen Ziele zu realisieren.
„Was die Bundesregierung alles tun könnte, wenn sie es mit ‚Gute Arbeit weltweit‘ ernst meinen würde”, fassen die Autoren Alison Schultz und Christoph Scherrer ihr Arbeitspapier zusammen. Scherrer ist Professor für Globalisierung und Politik an der Uni Kassel und Mitglied internationaler Forschungseinrichtungen. Schultz studiert Global Political Economy in Kassel.
Die Autoren stellen eine Reihe von existierenden Instrumenten der Außenwirtschaftspolitik vor, die zur Förderung von Arbeitsrechten, insbesondere Mitbestimmungsrechten beitragen können. Allen voran untersuchen sie die Exportförderung und Außengeschäftsabsicherung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) für die ein Regelwerk besteht, das Arbeitsrechte im Ausland gewährleisten soll. Diese würden im Prüfverfahren faktisch jedoch völlig ignoriert, so die Kritik.
Nur ein minimaler Teil der Projekte müsse überhaupt eine Umwelt- und Sozialverträglichkeitsprüfung ablegen. Dabei fände Mitbestimmung keinerlei Berücksichtigung. Insgesamt beklagt die Studie mangelnde Transparenz bei Finanzierungen, vor allem entlang von Lieferketten.
Ein weiteres wichtiges Instrument seien die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen, die Mitbestimmung als zentrales Konzept enthalten. Sie können über die im BMWi angesiedelten nationalen Kontaktstellen umgesetzt werden. Aber auch dies funktioniert bislang nicht. „Ihre Freiwilligkeit macht die Leitsätze in der Praxis nahezu wirkungslos”, schreiben die Autoren. Als weitere Instrumente nennen sie die Außenhandelskammern, die Sozialabteilungen der Botschaften, das UN-Netzwerk für verantwortliches Investieren und das Entwicklungsprogramm develoPPP.de.
Der eingangs erwähnte Aktionsplan der Bundesregierung könnte diese Instrumente koordinieren und sinnvoll bündeln. Voraussetzung: Arbeits- und Mitbestimmungsrechte würden verbindlich festgelegt, so das Fazit. Denn beschäftigungsfreundliche Normen auf freiwilliger Basis haben eine unerfreuliche Nebenwirkung. Wer sich daran hält, läuft Gefahr, von anderen Firmen unterboten zu werden.
Aufmacherfoto: Talisma Akhter
WEITERE INFORMATIONEN
Alison Schultz/Christoph Scherrer: Mitbestimmung in Zulieferketten – Instrumente der deutschen Außenwirtschaft (PDF). Working Paper der Forschungsförderung der Hans-Böckler-Stiftung
Informationen zum Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP)