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Magazin Mitbestimmung

Soziales Europa: Mitbestimmung all’italiana

Ausgabe 04/2016

Warum der italienische Personalmanager und Wirtschaftsdozent Goffredo Di Palma einen Blog betreibt, der www.mitbestimmung.it heißt. Von Michaela Namuth

Wer sich im Blog „mitbestimmung.it“ einklinkt, wird nicht enttäuscht. Es geht genau um das, was man erwartet: um „betriebliche Demokratie“ und eine breite Debatte zum Thema – geführt von Ökonomen, Soziologen, Arbeitsrechtlern, Gewerkschaftern und Managern, alles auf Italienisch. Das deutsche Modell wird erklärt, aber auch andere Beteiligungsformen. Initiator und Betreiber des Blogs ist Goffredo Di Palma, Wirtschaftsdozent an der International School of Verona und Personalverantwortlicher bei der Firma C.R. Technology Systems, die Management- und Verteilungssysteme für Elektroenergie entwickelt.

„Ich habe Mitbestimmung gelernt und möchte dieses Know-how nutzen und weitergeben“, erklärt er. Für einen Italiener ist dies ein ungewöhnliches Statement. In seinem Land sind die Arbeitsbeziehungen in der Regel auf Konflikt gepolt. Doch Di Palma hat andere Erfahrungen gemacht. Er war von 2004 bis 2013 Personaldirektor bei VW Italia in Verona und hat 2012 – auf der Basis der Charta der Arbeitsbeziehungen des Konzerns – die erste Vereinbarung zur betrieblichen Mitarbeiterbeteiligung in Italien mit unterschrieben. Das hat ihn geprägt. „Es war eine positive, starke Erfahrung“, sagt er heute.

Offen für Beteiligungsformen

Der Blog ist für ihn die Fortführung dieser Erfahrung und einer Idee, die seiner Meinung nach „absolut aktuell“ ist – auch für italienische Unternehmen. Damit meint er nicht nur die VW-Töchter Lamborghini und Ducati, wo derzeit – wie bei VW Italia – Mitbestimmung nach deutschem Modell geprobt wird. Es geht ihm vor allem um die kleinen und mittleren Betriebe, die über 90 Prozent der italienischen Unternehmen ausmachen. „Einige praktizieren informell Arbeitnehmerbeteiligung, und das kommt beiden Seiten zugute“, sagt er. Es existieren aber auch formalisierte Abkommen, wie bei dem Wasserpumpenhersteller Pedrollo, die den Arbeitnehmervertretungen frühzeitige Information und Mitsprache bei Unternehmensentscheidungen zusichern. Den Unternehmern und den Belegschaftsvertretern dieser Betriebe bietet Di Palma auch Beratung in Sachen Arbeitsbeziehungen an.

„Die deutsche Mitbestimmung ist ein Modell, aber man muss in einer anderen Kultur der Arbeitsbeziehungen auch andere Beteiligungsformen diskutieren“, erklärt er. Diese Diskussion will er auf seinem Blog führen. Die aktuellen Themen sind: deutsches und italienisches Arbeitsrecht, die Bedeutung von sozialer Marktwirtschaft, die Rolle der Gewerkschaften bei der Arbeitnehmerbeteiligung und die Förderung von Beteiligungspraktiken durch EU-Vorgaben „Vor allem in Krisenzeiten leuchtet den Unternehmen ein, dass eine beteiligte Strategie auch ihnen mehr Vorteile bringt als die Konfrontation“, so Di Palma, der bei der Arbeit am Blog von Danilo Terra, ebenfalls Experte für Humanressourcen, unterstützt wird.

Eigentlich hätte Di Palma den Blog auch anders nennen können. Aber das deutsche Wort Mitbestimmung habe einen besonderen Wert: „Der Begriff beinhaltet eine starke Aussage und löst Diskussionen aus. Und damit haben wir den ersten Schritt zur Beteiligungskultur schon getan.“ Und er ist überzeugt: Die Debatte um eine Mitbestimmung all’italiana geht weiter, nicht nur auf seinem Blog.

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