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Claudia Bogedan Labor.A Magazin Mitbestimmung

Tagung: Ideen für den Wandel der Arbeit

Ausgabe 05/2022

Als Ideenschmiede bezeichnete Claudia Bogedan, Geschäftsführerin der Hans-Böckler-Stiftung, die diesjährige LABOR.A in ihren Begrüßungsworten. Der rote Faden im vielfältigen Programm: die Transformation. Von Andreas Schulte und Fabienne Melzer

Best Practices aus den Betrieben
Das Panel zur innovativen betrieblichen Praxis stellte Beispiele aus Betrieben vor. Die Besucher konnten über die vielversprechendste Aktion abstimmen.Karl-Heinz Marx, Betriebsrat der Zurich-Versicherung, zählte zu den Gewinnern. Er hat dafür gesorgt, dass die Zusammenlegung zweier Büros der Versicherung mit 2800 Mitarbeitern ganz im Sinne der Beschäftigten gestaltet wurde. „Viele hatten Angst vor Lärm im neuen Großraumbüro und davor, sich nicht zurückziehen zu können“, erzählte Marx. Der Betriebsrat bildete Ausschüsse, um die Bedürfnisse der Beschäftigten zu klären. Fester Bestandteil der neuen Arbeitsplätze sind heute ergonomische Möbel, Gesundheitseinrichtungen und Ruhezonen. „Fast alle, die Bedenken hatten, arbeiten jetzt gerne hier“, sagt Marx.

Zweite Gewinnerin wurde Ines Stern, Betriebsrätin beim Pharmakonzern Merck in Darmstadt. Ihr Projekt „Demokratie wagen“ bindet Vertrauensleute enger in die Arbeit der Betriebsräte ein. Gerade in der Produk­tion sind Vertrauensleute näher an der Belegschaft. So erkannten sie zum Beispiel, dass bei älteren Beschäftigten Vorbehalte gegenüber der Digitalisierung herrschten. In umfangreichen Schulungen wurden diese Zweifel weitgehend zerstreut.

Speeddating mit Innovationen
Ein Streiflicht über innovative Projekte zeigte die große Bandbreite der Forschung zur Transformation. Auf dem Podium unter anderem Klaus Schmierl vom Institut für Sozial­wissenschaftliche Forschung. Sein Forschungsobjekt: die Lieferbranche. Die Beschäftigten bekommen jede Route samt Zeitplan über ihr Tablet vorgegeben, und sie kann so auch kurzfristig geändert werden. Das setzt die Kurierfahrer unter Druck. Sie können sich kaum wehren. Denn nur zwei der großen Lieferdienste, DHL und UPS, stellen ihre Fahrer überwiegend fest ein, bei den anderen herrschen Werkvertragsstrukturen vor. Dort hat Mitbestimmung nur geringen Einfluss.

Ziel des Projekts „Visionäre Praktiken für die digitale Transformation“ ist es, erfolgreiche Konzepte demokratisch geführter Betriebe für die Betriebsratsarbeit in Deutschland zu nutzen. Ein Beispiel: Die Belegschaften einiger Fahrradlieferdienste verschiedener Länder entwickeln ihre Bestell- und Liefer-App selbst. So sollen unter anderem Überwachungsmöglichkeiten durch den Arbeitgeber vermieden werden. Felix Gnisa vom Karlsruhe Institute of Technology stellte das Projekt vor und warb unter Betriebsräten für die Teilnahme an einem Workshop im Dezember.

Wenn der Finanzinvestor kommt
Wenn Finanzinvestoren an die Tür eines Unternehmens klopfen, schrillen bei Betriebsräten die Alarmglocken. Leider zu Recht, wie Christoph Scheuplein herausgefunden hat. Der Autor des Private-Equity-Monitors der Hans-Böckler-Stiftung hat untersucht, was der Einstieg von Finanzinvestoren für die Arbeit von Betriebsräten bedeutet. Tatsächlich müssen sich Betriebsräte auf rigorose Kostensenkungsprogramme einstellen. Mehr als die Hälfte der Finanzinvestoren greift kurz nach dem Einstieg zu diesem Mittel. Wird die Übernahme mit Fremdkapital finanziert, gehen die frischen Schulden in drei von vier Fällen auf das gekaufte Unternehmen über. Nach zwei von drei Übernahmen wird das Management ausgetauscht.

Betriebsräte brauchen gerade in der ersten Zeit nach der Übernahme ein dickes Fell, findet Scheuplein. „Will der Finanzinvestor das Unternehmen nach einiger Zeit verkaufen, muss er die Braut wieder aufhübschen. Dann wird es im Unternehmen allmählich ruhiger.“

KI rechnet, der Mensch denkt
Künstliche Intelligenz, kurz KI, erkennt Gesichter und Fingerabdrücke, analysiert sprachliche Muster oder schlägt Musik anhand von Hörgewohnheiten vor. In der Industrie gilt KI als Schlüsseltechnologie für Wettbewerbsfähigkeit und arbeitet auch hier schon an vielen Stellen mit. Wie weit KI in Unternehmen bereits verbreitet ist und was Beschäftigte damit verbinden, war Gegenstand von zwei Forschungsprojekten, die Markus Hoppe von Input Consulting und Thomas Lühr vom ISF München vorstellten. Danach gab ein Drittel der Unternehmen an, dass sie KI bereits nutzen, und ein weiteres Fünftel plant den Einsatz von KI. 20 Fallstudien aus unterschiedlichen Branchen ergaben, dass die meisten Beschäftigten eher ­positiv auf KI schauen und sich davon Entlastung versprechen.

Entlastung durch KI sei allerdings keineswegs ein Selbstläufer, konstatierte Gabi Schilling vom Zukunftszentrum KI der IG Metall NRW: „Technik allein verbessert keine Arbeitsbedingungen.“ Es komme darauf an, sie so zu gestalten, dass sie zum Unternehmen passt. Dafür brauchen Betriebsräte das Wissen der Beschäftigten über ihre Arbeit und mehr als ein Vorschlagsrecht. Ähnlich argumentierte die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi, die betonte, dass die Beschäftigten die Erbauer der Transformation sind. „Die Ausweitung der Mitbestimmungsrechte ist eine Gelingensbedingung für diesen Wandel“, sagte sie.

Lars Schatilow, Gründer von Human Friendly Automation (HFA), kritisierte: „In den letzten 30 Jahren ging es nur darum, dass Beschäftigte die Technik bedienen können, und nicht darum, was die Technik mit den Menschen macht.“ Barbara Langes vom ISF München wies darauf hin, dass es nicht nur um Technik gehe, sondern auch um Qualifizierung. Lars Schatilow würde allerdings noch einen Schritt zwischenschalten. „Ich muss die Menschen fragen, was sie an ihrer Arbeit mögen“, sagte der Gründer von HFA, „um sie dann auf eine Position hin zu qualifizieren, die ihnen das wieder bietet.“

Die Beispiele zeigten, dass Betriebsräte KI gestalten können, wenn sie rechtzeitig einbezogen werden und das notwendige Wissen haben. Dazu ermunterte auch Birgit Bäumker, Betriebsratsvorsitzende bei Miele in Oelde, alle Betriebsräte: „Wir müssen vor neuen Projekten keine Angst haben. Wir müssen nur Beratung und Qualifizierung nutzen.“

Wichtig war den meisten, dass die Ergebnisse der Algorithmen nachvollziehbar sind und kontrolliert werden. Die Maschine errechnet Vorschläge, entscheiden muss der Mensch.

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