Quelle: REUTERS/Eduardo Munoz
Magazin MitbestimmungArbeitsmarkt: Harter Schlag
Die Corona-Krise bedeutet einen Schock für die Arbeitsmärkte. Deutschland verkraftet die Krise bisher aber viel besser als die USA. Von Toralf Pusch, Leiter des Referats Arbeitsmarktanalyse am Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung
Im April war Schluss mit dem langjährigen Aufschwung am deutschen Arbeitsmarkt: Im Vergleich zum März stieg die Zahl der Arbeitslosen im April um 308 000, saisonbereinigt waren es noch 65 000 mehr. Im Mai lag die Arbeitslosenzahl dann bereits um 577 000 über dem Vorjahreswert.
Vermutlich werden sich die Zahlen in den kommenden Monaten noch erhöhen, da Unternehmen in der Corona-Krise weniger einstellen oder Mitarbeiter entlassen. Andere Länder hat es noch viel härter getroffen als Deutschland – etwa die USA: Allein im April hat dort die Zahl der Arbeitslosen um etwa 15,9 Millionen zugenommen, wobei mit rund 20,5 Millionen noch mehr Menschen ihren Job verloren (Selbstständige nicht mitgezählt). Nicht alle Jobverluste werden also auch in der offiziellen Arbeitslosenstatistik verzeichnet. Die Dimensionen dieses Einbruchs sind dramatisch. Hochgerechnet auf die Bevölkerungsgröße in Deutschland würde diese Zunahme einem Anstieg der Arbeitslosigkeit vom März zum April, also in nur einem Monat, um etwa vier Millionen auf 6,3 Millionen bedeuten. Nach den neuesten Arbeitsmarktzahlen sank die US-Arbeitslosenquote im Monat Mai wieder etwas unter den Aprilwert. Der Grund für den starken Anstieg der Arbeitslosigkeit in den USA dürfte vor allem im lockeren Kündigungsschutz liegen. Zudem wird Kurzarbeit in den USA bisher kaum genutzt. Zum Stichtag 11. April gab es in den USA nur 62 000 Kurzarbeiter. Allerdings strebt die US-Regierung aktuell eine Ausweitung des Programms an. Hinzu kommt in vielen amerikanischen Bundesstaaten eine vorübergehende Ausdehnung der Arbeitslosengeldzahlungen auch über den klassischen Versichertenkreis hinaus (Pandemic Unemployment Assistance). Dadurch können etwa auch arbeitslos gewordene Selbstständige Arbeitslosengeld beantragen.
In Deutschland gibt es allerdings Hoffnungszeichen, dass die Krisenfolgen nicht voll durchschlagen. So. haben bis Ende April 751 000 Betriebe Anträge auf Kurzarbeit bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt, um Entlassungen zu vermeiden. Im März und April beantragten die Betriebe Kurzarbeit für 10,7 Millionen Beschäftigte, im Mai gab es nochmals Anträge für eine Millionen Personen. Diese Zahlen sind weitaus höher als in der Finanzkrise 2008/2009. In vielen Unternehmen dürften außerdem auch Arbeitszeitkonten abgebaut werden, was schon in der Finanzkrise zur Überbrückung der wirtschaftlichen Schwächeperiode genutzt wurde. Nichtsdestotrotz führen Gewinneinbrüche und negative Erwartungen an die Geschäftsentwicklung aktuell aber zu schrumpfenden Investitionen in Deutschland.
Ein aktives Eingreifen des Staates ist daher weiter erforderlich, sonst droht eine lange wirtschaftliche Durststrecke mit Insolvenzen und weiteren Entlassungen. Wir können uns in Deutschland nicht darauf verlassen, dass die Impulse von anderen Ländern genügen werden. Insbesondere in Südeuropa dürfte der Spielraum für Konjunkturprogramme deutlich geringer sein als hierzulande.