Quelle: Jonas Walter
Magazin MitbestimmungStipendiaten: Die Kunst trotzt der Pandemie
Wir zeigen Kunst zur Coronakrise von ehemaligen Stipendiaten der Hans-Böckler-Stiftung. In einem „Call for Artists“ hat die Stiftung im Juni 2020 um künstlerische Beiträge gebeten. Jedes Kunstwerk wurde mit 850 Euro vergütet. Wir stellen vier Werke vor. Von Nicola Funk, Kay Meiners und Maren Knödl
Zwischen innen und außen
Im Frühjahr 2020 wurde Vereinzelung zum Akt der Solidarität, „Social Distancing“ zum Mittel gegen die Pandemie. Mit einem Mal wurden Balkone und Fenster zu Symbolen für ein isoliertes Miteinander. Hier wurde mit sicherem Abstand musiziert, der Frühling alleine genossen. Jonas Walter beschäftigt sich in seinen Fotografien von diesen symbolischen Räumen zwischen innen und außen mit den Auswirkungen der sozialen Isolation. Stress und häusliche Gewalt nahmen durch die Einschränkungen nachweislich zu. Für den Künstler ist eines sicher: Es braucht ein achtsames Miteinander.
Jonas Walter, geboren 1984 in Potsdam, lebt und arbeitet in Berlin. Er ist seit 2013 Stipendiat der Hans-Böckler-Stiftung.
Titel der Arbeit: Wie geht es dir? (2020)
Covid who?
Zu Beginn der Pandemie antwortete der damalige US-Präsident Donald Trump auf die Frage, ob man es möglicherweise mit einer Pandemie zu tun habe: „Nein, auf keinen Fall. Wir haben alles unter Kontrolle.“ Mittlerweile sind in den USA 600 000 Menschen am Virus gestorben. Trump suchte die Schuld bei anderen. Auf ein großes Poster setzt Erik Schäfer den Schriftzug „Covid who?“ vor Trumps Konterfei. Eine Anspielung auf ein Taschendesign des verstorbenen Modeschöpfers Karl Lagerfeld, der seinerzeit eine Jutetasche mit dem Schriftzug „Karl who?“ bemalte, um Kritiker zu foppen.
Erik Schäfer, geboren 1987 in Erbach (Odenwald), lebt und arbeitet in Kassel. Er war von 2010 bis 2016 Stipendiat der Hans-Böckler-Stiftung.
Titel der Arbeit: The others are responsible (2020)
Der Mensch am Limit
Seit Beginn der Pandemie drohen Gesundheitssysteme weltweit zu kollabieren. Ärzte, Pflegepersonal, Krankenhäuser und speziell Intensivstationen kommen an ihre Grenzen. Menschenleben müssen priorisiert werden. Durch die Überlastung können nicht mehr alle die medizinische Versorgung erhalten, die sie benötigen. Für medizinisches Personal führt das zu ethisch unzumutbaren Entscheidungen. Mit seiner Installation „a mentsh is a mentsh“ stellt Naneci Yurdagül die Frage nach den Grenzen menschlichen Handelns einer gemeinsamen Wertebasis gegenüber.
Naneci Yurdagül, geboren 1983 in Frankfurt/Main, lebt und arbeitet ebendort. Er war von 2003 bis 2011 Stipendiat der Hans-Böckler-Stiftung.
Titel der Arbeit: o. T. – a mentsh is a mentsh (2020)
Die Alten bleiben zurück
In der Krise wird die Familie zum Kern des Zusammenhalts. Die häusliche Pflege von Angehörigen ist für viele eine große Bürde. In seiner Bildstrecke „Der Hof“ zeigt Olaf Rößler einen Bauernhof in der südlichen Oberlausitz. Dieser steht für die Tradition, die an die nächste Generation weitergegeben werden soll. Was die Bilder aber zeigen, sind vor allem die Folgen jahrzehntelanger Landflucht. Die Alten bleiben allein zurück. Menschen, die eigentlich selbst Hilfe benötigen, helfen anderen.
Olaf Rößler, 1977 in Zittau (Sachsen) geboren, lebt und arbeitet bei Hannover. Er war von 2009 bis 2012 Stipendiat der Hans-Böckler-Stiftung.
Titel der Arbeit: Der Hof (2007)