zurück
Porträt von Sarah Jansen, Aufsichtsrätin bei Procter & Gamble Magazin Mitbestimmung

Aufsichtsratsporträt: Aus dem Ruhrgebiet, aber richtig

Ausgabe 03/2024

Sarah Jansen, Aufsichtsrätin bei Procter & Gamble. Von Fabienne Melzer

Für Menschen im Ruhrgebiet gehören Zechentürme und Fabrikschlote so selbstverständlich zur Landschaft wie Bäume. Jedenfalls wenn man richtig aus dem Ruhrgebiet kommt. Richtiges Ruhrgebiet, das ist für Sarah Jansen Wanne-Eickel, wo sie geboren wurde. Die Region mit ihrer Arbeitertradition hat die 34-Jährige geprägt. „Ich bin in dem Bewusstsein aufgewachsen, dass es ein Wert ist, gemeinsam mehr zu erreichen“, sagt Sarah Jansen. Deshalb war es am Ende vielleicht auch weniger Zufall als Fügung, dass sie nach ihrem Studium bei der IGBCE anfing, zunächst als Trainee, dann als Gewerkschaftssekretärin in Hamburg und seit 2018 in Köln, wo sie inzwischen die stellvertretende Bezirksleitung übernommen hat.

Mitte 2021 wurde sie gefragt, ob sie zwei Aufsichtsratsmandate beim US-amerikanischen Konsumgüterkonzern Procter & Gamble übernehmen wolle. Gerade als Frau bekomme man nichts geschenkt. Hinter jeder Chance stecken oft viele Jahre harte Arbeit. Für die 34-Jährige konnte die Antwort daher nur lauten: Zugreifen, auch wenn sie gerade ihr erstes Kind erwartete. „Es war offenbar kein Hindernis, alle wussten, dass ich schwanger bin“, erzählt Sarah Jansen. Sie bedauert, dass andere Frauen es sich nicht zutrauen: „Ich sehe leider immer wieder hoch qualifizierte Frauen, die zweifeln, ob sie mit Kindern alles hin­bekommen, und sich fragen, ob sie überhaupt welche bekommen sollen. Angesichts des Fachkräftemangels können wir es uns nicht leisten, Frauen das Gefühl zu geben, sich entscheiden zu müssen.“

Ende 2021, kurz vor der Geburt ihres Sohnes, saß Sarah Jansen hochschwanger in ihrer ersten Aufsichtsratssitzung. Ein halbes Jahr später kam sie mit Baby und Ehemann zur zweiten Sitzung. „Ich hatte vorher angerufen und gefragt, ob das geht“, erzählt die junge Mutter. Es brauchte Vorbereitung, Teamwork sowie gutes Timing und war für alle Beteiligten eine Herausforderung, aber am Ende funktionierte es. Das Unternehmen stellte einen Raum zur Verfügung, in dem Vater und Sohn warteten. Sarah Jansen stillte in den Pausen ihr Kind.

Kurze Zeit später stieg sie auch wieder in ­ihren Beruf ein – und zwar Vollzeit. „Das funktioniert“, sagt Sarah Jansen, „weil bei mir die Rahmenbedingungen stimmen.“ Die Kita ist zuver­lässig, und sie teilt sich die Betreuung ihres Sohnes mit ihrem Mann. Doch auch sie spürte Widerstände. „Manche belächelten meine Pläne, nach einem halben Jahr wieder zurückzukehren“, erzählt sie. „Da hieß es: ‚Wart‘s erst mal ab, wenn das Kind da ist.‘“

Als Gewerkschafterin und Arbeitnehmervertreterin im Aufsichtsrat will Sarah Jansen auch die Arbeitsbedingungen für Beschäftigte mit Kindern verbessern. Sie betreut den weltweit größten Standort für die Produktion von Babywindeln von Procter & Gamble im rheinischen Euskirchen. Schichtarbeit und Familie lassen sich oft nur schwer vereinbaren. Sarah Jansen fragt sich, wie sich die Arbeit für Eltern attraktiver gestalten lässt.

Im Aufsichtsrat komme es darauf an, die richtigen Fragen zu stellen. Ihr Studium, in dem sie sich mit der Kommunikation von Parteien und Verbänden beschäftigt hat, kommt ihr da zugute. Ein Gedanke ist ihr daraus besonders in Erinnerung geblieben: „Gewerkschaften sollten mehr investieren, um zu erklären, was sie tun.“

Zugehörige Themen

Der Beitrag wurde zu Ihrem Merkzettel hinzugefügt.

Merkzettel öffnen