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Magazin Mitbestimmung

: 'Mitbestimmung bei den Verkaufs-Deals nutzen'

Ausgabe 04/2005

Dazu rät IG BCE-Vorstand Michael Vassiliadis. Er empfiehlt den Kollegen im Aufsichtsrat, den Erhalt des Unternehmens und der Betriebsvereinbarungen schriftlich festzuhalten. Ein Kurzinterview.

Zunehmend kaufen ausländische Private-Equity-Fonds deutsche Unternehmen auf. Kommen da "die Retter oder die Räuber" ins Land?
Deutschland ist in der Tat ein bevorzugtes Zielland ausländischer Investoren geworden, vor allem auch aus den USA. Sie kaufen mit Fremdkapital, das sie angeworben haben, deutsche Unternehmen, halten diese eine gewisse Zeit und wollen sie dann auch wieder verkaufen. Sie erwarten und erreichen Gewinne, die im normalen Kapitalmarkt nicht zu erzielen sind, und zahlen auch teilweise überzogene Preise.

Die Folge ist, dass die Unternehmen auf Rendite getrimmt werden und die mittel- und langfristige Unternehmensentwicklung dem nächsten Investor überlassen bleibt. Das Shareholder-Value-Denken dominiert, in der Folge werden die Unternehmen häufig restrukturiert, der Druck auf die Arbeitnehmer steigt, und Arbeitsplätze werden abgebaut. 

Warum generiert die deutsche Wirtschaft diese Gewinn- und Entwicklungspotenziale nicht aus sich heraus?
Unternehmen werden teilweise "verkaufsreif" durch weit zurückliegende Managementfehler. Gründe sind aber auch eine zunehmende Risikoscheu von Banken, die sich aus der klassischen Kreditfinanzierung von Unternehmen zurückziehen und damit das Feld öffnen für Anbieter von externem Eigenkapital, das im deutschen Markt anscheinend nicht im gleichen Maße zur Verfügung steht. Ich erwarte noch einen weiteren Anstieg solcher Transaktionen, da die Umstrukturierungsprozesse in Branchen wie der Chemie noch nicht abgeschlossen sind.

Wie sind die Erfahrungen mit den Investoren im Organisationsbereich der IG BCE?
Wir haben das noch nicht systematisch ausgewertet. Da die Fonds letztlich jedes Unternehmen wieder an einen strategischen Investor oder über die Börse abgeben wollen und müssen, stellt sich die Frage: Warum gibt es für viele Unternehmen nicht von vornherein strategische Investoren? Anscheinend müssen die Rahmenbedingungen für die Industrieunternehmen weiter verbessert werden.

In den großen Unternehmen haben wir über die Mitbestimmung einen gewissen Einfluss auf die Art und Weise, wie "Deals" abgewickelt werden, allerdings nur so lange, wie das abgebende Unternehmen noch verantwortlich ist. Ausländische Investoren halten sich in der Regel am Anfang an die mit der Belegschaft getroffenen Vereinbarungen und die Mitbestimmungsrechte. Wie sie dann später damit umgehen, steht auf einem anderen Blatt, vor allem wenn sie ihren Hauptsitz im Ausland haben.

Welche Empfehlungen kann man Kollegen im Aufsichtsrat geben, wenn auch bei ihnen der Investor vor der Tür steht?
Die Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat kann letztlich den Verkauf eines Unternehmens oder eines Unternehmensteils an einen ausländischen Investor nicht verhindern. Sie sollte aber versuchen, eine Reihe von Bedingungen schriftlich niederzulegen - und diese auch mit den Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat einer Tochtergesellschaft besprechen, sofern diese zum Verkauf ansteht. Solche Bedingungen sind etwa:
- Vorlage eines mittelfristig tragfähigen Unternehmenskonzeptes durch den Erwerber mit Zusagen für die Beschäftigung;
- Übernahme aller laufenden tariflichen und aller Betriebsvereinbarungen einschließlich der Altersvorsorge;
- Eintritt in den zuständigen Arbeitgeberverband und
- rechtzeitige Information der betroffenen Beschäftigten.
Wo immer möglich, sollte auch eine Selbstbindung des Investors erreicht werden, diese Bedingungen auch beim nächsten Verkauf an einen strategischen Investor einzuhalten.

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