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Hans Böckler Forum 2024 Service aktuell

14. Hans-Böckler-Forum zum Arbeits- und Sozialrecht: Kurz nachgefragt...

Welchen Einfluss hat KI auf das Machtverhältnis von Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmer*innen? Was versteht man unter Existenzsicherungsrecht? Welche Herausforderungen birgt eine familiengerechte Arbeitsorganisation? Wie kann das Arbeitsrecht effektiv durchgesetzt werden? Wir haben Themen des Hans-Böckler-Forums aufgegriffen und bei den Expert*innen nachgefragt.

[20.03.2024]

Das 14. Hans-Böckler-Forum bot einen umfassenden Einblick in die Entwicklungen des europäischen und deutschen Arbeits- und Sozialrechts. Das Forum diente als Plattform für die Diskussion von aktuellen Rechtsfragen, die Aufklärung über relevante Rechtsentwicklungen sowie den interdisziplinären Austausch von Forschungsergebnissen und Reformbedarfen. Zu den Schwerpunktthemen zählten unter anderem die Herausbildung eines transnationalen Arbeitsrechts, die effektive Durchsetzung des Arbeitszeitrechts, die Förderung von Teilhabe und Barrierefreiheit im Betrieb sowie die Implementierung familiengerechter Arbeitsorganisationen.

Als schnellen Einstieg haben wir Expert*innen zu den folgenden Themenbereichen befragt:

Die Perspektive des deutschen Rechts: Prof. Dr. Philipp Donath, Europäische Akademie der Arbeit, Frankfurt am Main, hat in Forum 1 über digitale Weisungen und Steuerung im Arbeitsrecht gesprochen.

  • Hans-Böckler-Forum 2024 Philipp Donath

Wie beeinflussen digitale Weisungen und Steuerung am Arbeitsplatz die Machtverteilung zwischen Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmer*innen?
Durch die Möglichkeit des Designs von Künstlicher Intelligenz (KI) ist es den Arbeitgebern möglich, intensiv auf die Beschäftigten Einfluss zu nehmen. Steuerung und Weisungen durch KI sind zudem auf eine Vielzahl von Daten angewiesen, die von den Beschäftigten gewonnen werden müssen. Dadurch sind vielfältige Erkenntnisse über die Beschäftigten möglich, die gegen sie eingesetzt werden können.

Welche konkreten rechtlichen Rahmenbedingungen sind notwendig, um eine ausgewogene Beziehung zu gewährleisten?
Es ist notwendig, dass sich die Sozialpartner und die Betriebspartner zusammenfinden, um konkrete Verfahren zu entwickeln und in Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen zu schreiben, wie mit Weisungen durch KI umgegangen werden soll, um die Rechte der Beschäftigten im hinreichenden Maß zu wahren. Aus rechtlicher Perspektive (Art. 22 DSGVO) können Arbeitgeber Weisungen durch KI faktisch nicht einführen, ohne sie auf eine gesetzliche oder kollektivrechtliche Grundlage stützen zu können. Da die Möglichkeiten in der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und im deutschen Recht sehr begrenzt sind, kann dies im Grunde nur über kollektivrechtliche Lösungen gelingen. Daher haben insbesondere die Betriebspartner eine große Macht – die sie klug zugunsten der Beschäftigten nutzen sollten.

Irene Edich, DGB Rechtsschutz GmbH, hat in Forum 2 über neue Hebel im EU-Arbeitsrecht zur Stärkung von Beschäftigtenrechten gesprochen.

  • Hans-Böckler-Forum 2024 Irene Edich

Wie lassen sich Mechanismen im EU-Arbeitsrecht optimal nutzen, um die Rechte der Beschäftigten zu stärken und eine wirkungsvollere Durchsetzung des Arbeitsrechts auf europäischer Ebene zu gewährleisten?
Zunächst wird es darum gehen, die in der Rechtsprechung entwickelten Mechanismen zur Durchsetzung des Europarechts zu nutzen:

  • europarechtskonforme Auslegung nationalen Rechts bis an die Grenzen der anerkannten Auslegungsmethoden;
  • unmittelbare Anwendung des primären Unionsrechts und von Verordnungen gegenüber öffentlichen und privaten Arbeitgebern;
  • unmittelbare Anwendung europäischen Richtlinienrechts gegenüber öffentlichen Arbeitgebern;
  • Staatshaftung im Sinne der EuGH-Rechtsprechung seit Francovich und Bonifaci.

Insbesondere das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) könnte als Hebel zur Stärkung von Beschäftigtenrechten im europäischen Recht nutzbar gemacht werden. Die Umsetzungsdefizite im Arbeitszeitrecht sind als menschenrechtliches Risiko nach § 2 Abs. 2 Nr. 5c LkSG anzusehen, sodass der Beschwerdemechanismus von § 8 LkSG auch diesbezüglich genutzt werden kann.

Zudem sollte die Möglichkeit im Blick behalten werden, den Anwendungsbereich der Hinweisgeberrichtlinie auch auf den Arbeitsschutz auszuweiten (siehe Art. 27. Abs. 3 RL 2019/1937). Dann könnte ein*e Whistleblower*in die Meldestellen auch bei Unionsrechtsdefiziten im Arbeitszeitrecht nutzen. Unabhängig davon bestehen schon heute Beschwerderechte nach den §§ 84 und 85 BetrVG, mit denen durchaus Verstöße gegen europäisches Arbeitsschutzrecht gerügt werden können.

Welche Herausforderungen oder Defizite bestehen bei der Umsetzung?
Bei der Umsetzung etwa der Arbeitszeitrichtlinie der Europäischen Union (2003/88/EG) bestehen sehr viele Defizite. Die Herausforderung besteht darin, systematisch zu erkennen, wo das deutsche Recht hinter dem europäischen Recht zurückbleibt. Bei Verfahren mit erkennbaren Umsetzungsdefiziten sollte dann von Beginn an mit Europarecht und auch dem Arbeitsvölkerrecht (UN-Konventionen, Übereinkommen der Internationale Arbeitsorganisation, Europäische Menschenrechtskonvention und Sozialcharta) argumentiert werden. So steigt die Wahrscheinlichkeit, dass diese Verfahren zu den obersten, auch supranationalen Gerichten gebracht werden können.

Weitere Informationen
Neue Hebel im EU-Arbeitsrecht zur Stärkung von Beschäftigtenrechten; Vortrag von Irene Edich

 

Prof. Dr. Reingard Zimmer, Hochschule für Wirtschaft und Recht, hat in Forum 2 über neue Durchsetzungsmechanismen und Arbeitsstandards gesprochen.

  • Hans-Böckler-Forum 2024 Reingard Zimmer

Können innovative Durchsetzungsmechanismen wie Beschwerdemechanismen und Risikomanagement dazu beitragen, die Einhaltung von Arbeitsstandards zu verbessern?
Innovative Durchsetzungsmechanismen wie Beschwerdemechanismen können auf jeden Fall dazu beitragen, dass Verstöße gegen zentrale Arbeitsrechte bekannt werden. Ob dann Abhilfe erfolgt, hängt einerseits davon ab, ob innerbetriebliche (und gegebenenfalls auch außerbetriebliche) Akteure vorhanden sind, welche die Einhaltung einfordern, nicht zuletzt, ob der Einhaltung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) durch die Überwachungsstelle des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) ein großer Stellenwert beigemessen wird, sodass Unternehmen Sanktionen fürchten müssen, wenn sie trotz erfolgter Beschwerden nicht aktiv werden.

Ob Risikoanalyse zur Durchsetzung rechtlicher Standards beiträgt, wird davon abhängig sein, ob diese ernsthaft und nach klaren Kriterien durchgeführt wird und dann auch von externen Akteuren (insbesondere der BAFA) nachgehalten wird, dass entsprechend der Risikoanalyse auch Präventions- und gegebenenfalls Abhilfemaßnahmen ergriffen werden.

Welche Beispiele aus der Praxis zeigen den Erfolg solcher Mechanismen in verschiedenen Branchen?
In einigen der zwischen globalen Gewerkschaftsföderationen und transnationalen Unternehmen abgeschlossenen internationalen Rahmenvereinbarungen sind bereits seit geraumer Zeit Beschwerdemechanismen vereinbart, durch die arbeitsrechtliche Verstöße dem vereinbarten Monitoring-Komitee bekannt wurden. Dieses hat dann auf das Management eingewirkt, wodurch beispielsweise Arbeiter*innen wieder eingestellt wurden, die bei Zulieferern der Automobilindustrie in der Türkei nach gewerkschaftlicher Organisierung entlassen wurden.

Dr. Florian Blank, Experte für Sozialpolitik am WSI, hat in Forum 3 über die Zukunft der Existenzsicherung gesprochen.

  • Hans-Böckler-Forum 2024 Florian Blank

Was versteht man unter Existenzsicherung?
Wir haben im Forum unter der Überschrift „Existenzsicherung“ über die Grundsicherungssysteme gesprochen: Über das Bürgergeld, die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, die Hilfe zum Lebensunterhalt und das Asylbewerberleistungsgesetz gesprochen. Das sind die Sozialleistungen, die im deutschen Sozialstaat als „letztes Netz“ der sozialen Sicherung gelten.

Welche Bedeutung kommt der Anpassung der Regelbedarfe zu, und welche konkreten Auswirkungen ergeben sich daraus?
Die Regelbedarfe sollen zusammen mit der Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung nicht nur für das Allernötigste sorgen, sondern auch die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen. Darum ist die regelmäßige Anpassung notwendig – gerade auch in Zeiten hoher Inflation. Zugleich wird aber die Berechnung der Regelbedarfe grundlegend kritisiert – nicht nur aus der Gerechtigkeitsperspektive, sondern auch aus methodischen Gesichtspunkten. Hier hat der Gesetzgeber die Chance vertan, im Zuge des Bürgergelds auf die Kritik zu reagieren und das System sinnvoller zu gestalten.

In welcher Weise sollte die Weiterentwicklung der Existenzsicherung erfolgen?
Wir sollten erstens die Kritik an den Regelbedarfen ernst nehmen. Zweitens ist zu prüfen, ob die Unterstützung für Arbeitssuchende aber auch für andere Menschen, die Grundsicherungsleistungen beziehen, zielgerichtet und angemessen ist. Damit meine ich die auf den individuellen Fall ausgerichtete Unterstützung, wo auch zu fragen wäre, ob die zuständigen Stellen adäquat ausgestattet sind. Und drittens sollten wir nie aus dem Blick verlieren, dass soziale Sicherung in Deutschland im Normalfall über die Sozialversicherung erfolgt: Das heißt, dass eine Reform der existenzsichernden Leistungen zusammen mit einer Reform von Arbeitslosen- und Rentenversicherung gedacht werden sollte.

Weitere Informationen
Existenzsicherung weiterentwickeln: Genügt ein Leistungsgesetz? - Vortrag von Dr. Florian Blank

Antonia Seeland, Expertin für Sozialrecht und Europäisches Arbeitsrecht am HSI, hat in Forum 4 über die Teilhabe und Barrierefreiheit in der Arbeitswelt diskutiert.

  • Hans-Böckler-Forum 2024 Antonia Seeland

Welche Herausforderungen bestehen bei der Förderung von Teilhabe und Barrierefreiheit am Arbeitsplatz?
Leider immer noch viele. Barrierefreiheit ist häufig nicht hergestellt und wird zu oft noch als Randthema behandelt. Es muss jedoch als Querschnittsthema und vor allem von Beginn an mitgedacht werden. Dazu gehört nicht nur der Abbau von physischen Barrieren, sondern auch von Vorurteilen. Auf der rechtlichen Ebene sind Unternehmen der Privatwirtschaft stärker in die Pflicht zu nehmen und die Schwerbehindertenvertretungen als Motor der betrieblichen Inklusion zu stärken, indem zum Beispiel der Schwellenwert für Freistellungen herabgesetzt wird. Häufig fehlt es auch an Wissen.

Wie können Unternehmen sicherstellen, dass diese Aspekte langfristig in ihrer Unternehmenskultur verankert sind?
Ein Unternehmen muss sich das Thema zuerst einmal auf die Fahnen schreiben – da bestehen flächendeckend noch große Potenziale. Inklusion muss auf der Führungsebene verankert und von dort in das Unternehmen getragen werden. Als hilfreich hat sich die Einrichtung spezieller Kompetenzstellen in den Unternehmen erwiesen. Es bedarf außerdem einer Sensibilisierung und Schulung der Beschäftigten, denn häufig fehlt es an Kompetenzen und Informationen. Und natürlich sind konkrete Maßnahmen notwendig und teilweise geboten, um Menschen mit Behinderungen für das Unternehmen zu gewinnen, Arbeitsplätze und -umgebung barrierefrei gestalten (präventiv) und wenn dies nicht möglich ist, für behinderte und von Behinderung bedrohte Kolleg*innen individuelle Anpassungen vorzunehmen. Wichtig bei alle dem ist es, Betroffene und die Schwerbehindertenvertretungen frühzeitig und umfassend einzubeziehen.

Welche Rolle spielen technologische Innovationen bei der Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Menschen mit Behinderung?
Digitale Barrierefreiheit ist das zentrale Thema, um Teilhabe in Zukunft sicherzustellen. Damit können eine Reihe von Erleichterungen für Menschen mit Behinderungen einhergehen und Chancen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entstehen zum Beispiel mit Hilfe von Datenbrillen. Doch darf dabei nicht verkannt werden, dass viele schon bestehende digitale Tools in den Unternehmen oder von Dritten wie das Intranet oder online-Weiterbildungsangebote immer noch nicht barrierefrei und damit zugänglich sind. Das trifft insbesondere für Menschen mit Sinnesbeeinträchtigungen. Zugleich geht die Digitalisierung auch mit Risiken und Herausforderungen einher. Man denke an den Datenschutz, hier insbesondere von Gesundheitsdaten. Es besteht Forschungs- und Handlungsbedarf des Gesetzgebers.

Dr. Thomas Klebe, Experte am HSI, hat in Forum 5 über Problemfelder der digitalen Transformation und Schwerpunkte für eine Betriebsverfassung der Zukunft gesprochen.

  • Hans-Böckler-Forum 2024 Thomas Klebe

Welche rechtlichen Schwierigkeiten/Herausforderungen ergeben sich aus der digitalen Transformation im Kontext des Betriebsverfassungsrechts?
Das Gesetz ist in seinen wesentlichen Teilen aus dem Jahr 1972. Damals gab es Internet, Künstliche Intelligenz oder vergleichbare Entwicklungen, wenn überhaupt, nur als wissenschaftliche Idee oder in Science Fiktion-Romanen, aber in keinem Betrieb. Das Gesetz ist also im Hinblick auf die Digitalisierung total veraltet. Deshalb ist es dringend erforderlich, die Arbeitsgrundlagen für Betriebsräte und ihre Mitbestimmungsrechte zum Beispiel bei strategischen Zukunftsentscheidungen des Betriebs und beim Datenschutz zu modernisieren. Das war im Forum 5 unbestritten und sieht ja auch ein DGB-Gesetzentwurf vor.

Welche Anforderungen und Technologien sind bei der Digitalisierung der Wahl und Arbeit des Betriebsrats von Bedeutung?
Die Wahl des Betriebsrats kann ja zurzeit nicht digital erfolgen. Ob dies verfassungsrechtlich möglich und politisch sinnvoll wäre, ist umstritten. Klar ist aber, dass die Wahl, die Wahrnehmung eines demokratischen Basisrechts, dringend erleichtert werden muss, damit wieder mehr Beschäftigte den Schutz und die Mitwirkung an den betrieblichen Entscheidungen durch Betriebsräte erhalten. Betriebsräte, wie auch Gewerkschaften, müssen zudem ein digitales Zugangsrecht erhalten, um die Beschäftigten gut zu erreichen. Auch die Unterstützung durch Sachverständige muss für die Betriebsräte erleichtert werden, denn die Anforderungen an ihre Arbeit sind gerade auch durch die digitale und ökologische Transformation gewaltig gestiegen.

Prof. Dr. Katja Nebe, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, hat in Ihrem Vortrag über lückenhafte Rechtsrahmen und Herausforderungen fairer (kollektiver) Verteilung in der familiengerechten Arbeitsorganisation gesprochen.

  • Hans-Böckler-Forum 2024 Katja Nebe

Inwiefern zeigt sich ein lückenhafter Rechtsrahmen im Arbeits- und Sozialrecht bezüglich familiengerechter Arbeitsorganisation, und welche Herausforderungen ergeben sich für eine faire (kollektive) Verteilung?
Die Welt ist bunt, auch die von Sorgeleistenden (sogenannten Care-Givern). Wer sorgt oder pflegt braucht Flexibilität im Arbeitsalltag. Starre Arbeitsmuster erschweren die Erwerbsteilhabe. „One-size-fits-all“ ist kein gutes Motto. Wer die besonderen Bedarfe nicht berücksichtigt, verschärft Ungleichheiten. Faire Lösungen setzen deshalb das Bewusstsein für besondere Belange bei allen Akteuren voraus. Vereinbarkeitslösungen sichern Arbeitskräfte und die Rechte der zu versorgenden Kinder und Pflegebedürftigen. Damit Unternehmen nicht überfordert werden, braucht es flankierende Unterstützung durch Sozialleistungsträger. Zur Rahmung empfiehlt sich ein Vereinbarkeits- und Sorgeschutzgesetz (VSSG).

Das Abschlusspodium stand unter dem Leitthema: „Transformation – demokratisch und gerecht: Wie kann sie gelingen?“ Welche konkreten Schritte sind notwendig, um eine demokratische und gerechte Transformation zu gewährleisten? HSI-Direktor Ernesto Klengel hat die Ergebnisse noch einmal zusammengefasst.

  • Hans-Böckler-Forum 2024 Ernesto Klengel

Im Zuge von Digitalisierung und ökologischem Umbau der Wirtschaft werden Arbeitsalltag und Arbeitsinhalt vieler Beschäftigter verändert, und zwar keineswegs nur zum Schlechten. Unter dem Deckmantel der Transformation nehmen jedoch Unternehmen auch Veränderungen vor, die auf einen Abbau von Arbeitsplätzen und Arbeitsstandards, von Dequalifizierung und Fremdbestimmung durch Technik hinauslaufen.

In der Diskussionsrunde am Ende des Hans-Böckler-Forums waren sich die Teilnehmer*innen in einer Sache einig: Damit die verschiedenen Transformationsprozesse in der Wirtschaft gelingen, sind stabile und verlässliche Beschäftigungsverhältnisse erforderlich. Steffen Kampeter, Geschäftsführer der BDA, lobte, dass die Sozialpartnerschaft hier bereits einen hervorragenden Job mache, weil es auch um die soziale Integration der Belegschaften gehe. Dass Mitbestimmung eine wichtige Rolle dabei spielt, die Veränderungen in der Arbeitswelt bewältigen zu können, liegt auf der Hand. Voraussetzung dafür sind aber zwei Dinge.

  • Hans-Böckler-Forum 2024 Podium

Zunächst muss es überhaupt einmal funktionierende Mitbestimmungsstrukturen geben. Serdal Sardas vom Verdi-Migrationsausschuss erläuterte vor dem Hintergrund seiner Erfahrungen, wie es gelingen kann, in einem schwierigen Umfeld Kolleg*innen aus vielen Nationen zu befähigen, gemeinsam für die eigenen Rechte einzutreten. Ein guter Schutz der Kolleg*innen, die sich engagieren, ist essentiell. Sardas schilderte auch, welche positiven Wirkungen Mitbestimmung auf die digitale Transformation hat. Viele Probleme, die in der betrieblichen Praxis Alltag sind, können durch eine frühzeitige Beteiligung vermieden werden. Die Einführung von digitalen Tools und digitalen Prozessen würde erst eingeführt werden, wenn sie gut vorbereitet werden.

Zweitens brauchen die Interessenvertretungen dafür aber die erforderlichen Rechte. Und hieran mangelt es vielfach, wie Christiane Benner, Erste Vorsitzende der IG Metall, herausstellte. Sie verwies sowohl auf Betriebsratsrechte in der Digitalisierung als auch auf Möglichkeiten, frühzeitig auf unternehmerische Entscheidungen Einfluss zu nehmen.

Eine andere wichtige Frage, die die Runde beschäftigte: Eine erfolgreiche Arbeitspolitik kann nicht nur darin bestehen, den Status quo zu verteidigen. Die Arbeitswelt ändert sich und auch die Arbeitsweise, die Rolle und die Bedürfnisse von Betriebsräten. Entscheidend in der Transformation sei sinnvolle Weiterbildung, wobei aktuell noch viel Luft nach oben sei, worauf Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung, hinwies. Auch hierzu können erweiterte Aufgaben und Rechte der Mitbestimmungsakteure beitragen.

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