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Überbetriebliche Vertreter sind unverzichtbar Böckler Impuls

Mitbestimmung: Überbetriebliche Vertreter sind unverzichtbar

Ausgabe 14/2020

Die für Gewerkschaftsvertreter reservierten Sitze im Aufsichtsrat müssen erhalten bleiben, wenn ein Unternehmen die Rechtsform wechselt.

Das Softwareunternehmen SAP ist seit 2014 eine Europäische Aktiengesellschaft (SE). Der Aufsichtsrat hat derzeit 18 Mitglieder, die Hälfte davon Arbeitnehmervertreter. Bei den Verhandlungen zur Umwandlung der früheren AG in eine SE war festgelegt worden, dass der Aufsichtsrat auf zwölf Mitglieder verkleinert werden kann. Aber was geschieht in diesem Fall mit den Sitzen auf der Arbeitnehmerbank, für deren Besetzung die Gewerkschaften ein Vorschlagsrecht haben und die in einem gesonderten Wahlgang gewählt werden? Die Kapitaleigner können sie nach der damals getroffenen Vereinbarung einfach unter den Tisch fallen lassen. Dagegen haben IG Metall und Verdi geklagt. Nun hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) den Gewerkschaften Recht gegeben – und seine Sicht der Dinge dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Prüfung vorgelegt. 

Nach Auffassung des BAG dürfen Unternehmen die gesicherten Sitze für Gewerkschaftsvertreter im Aufsichtsrat auch bei einer Umwandlung in eine SE nicht streichen. Die Entsendung überbetrieblicher Vertreter sei ein prägendes Element der Mitbestimmung. Das Bundesverfassungsgericht hat die gesetzliche Vorschrift 1979 unter anderem damit gerechtfertigt, dass sie es erleichtere, „auch auf der Arbeitnehmerseite besonders qualifizierte Vertreter zu entsenden“, außerdem erscheine die Bestimmung „geeignet, einem bei erweiterter Mitbestimmung nicht ohne Grund erwarteten ‚Betriebsegoismus’ entgegenzuwirken oder diesen doch zumindest abzumildern“. 

Jetzt ist der EuGH am Zug. I.M.U.-Unternehmensrechtler Sebastian Sick ist optimistisch, dass auch die Luxemburger Richter die Bedeutung überbetrieblicher Arbeitnehmervertreter für das Gesamtsystem der deutschen Mitbestimmung würdigen werden. „Der EuGH hat erst kürzlich in einem anderen wichtigen Fall bewiesen, dass er die Bedeutung nationaler Mitbestimmungsrechte und -praxis versteht und achtet“, sagt der Jurist. In dem Verfahren, bei dem es um die Aufsichtsratsbesetzung bei der Tui AG ging, erklärte der EuGH die deutsche Mitbestimmung im vollen Umfang für europarechtskonform.

Dennoch sehen I.M.U.-Experten politischen Handlungsbedarf. Die SE sei „mittlerweile ein zentrales Vehikel, um Mitbestimmung zu unterlaufen“, sagt Sick. Bei europäischen Rechtsformen wie der SE müsse der Gesetzgeber gewährleisten, dass das „Einfrieren“ auf einem Status ohne oder mit geringer Mitbestimmung durch taktische Umwandlung in einem frühen Stadium, in dem das Unternehmen noch nicht unter Mitbestimmungsgesetze fällt, verhindert wird. Konkret heiße das: „Wächst die Beschäftigtenzahl einer SE über die Schwellenwerte von 500 oder 2000 Beschäftigten, muss es die Chance geben, dass die Mitbestimmungsrechte entsprechend mitwachsen.“

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