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Tarif verdoppelt die Chancen Böckler Impuls

Urlaubsgeld: Tarif verdoppelt die Chancen

Ausgabe 11/2024

Knapp die Hälfte der Beschäftigten erhält Urlaubsgeld. Mit Tarifvertrag ist der Anteil deutlich höher.

In den Genuss von Urlaubsgeld kommen dieses Jahr 46 Prozent der Beschäftigten in der Privatwirtschaft. Das geht aus einer Auswertung des WSI hervor, die sich auf Angaben von fast 68 000 Befragten aus der Zeit von Anfang Mai 2023 bis Ende Mai 2024 bezieht. Die Aussichten auf einen Zuschuss zur Urlaubskasse hängen demnach von mehreren Faktoren ab. Der mit Abstand wichtigste ist, ob im Betrieb ein Tarifvertrag gilt: In tarifgebundenen Betrieben erhalten 74 Prozent der Befragten Urlaubsgeld, ohne Tarif sind es 36 Prozent. „Gerade nach den Inflationsschüben der vergangenen beiden Jahre, die viele Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen besonders getroffen haben, ist es ein Problem, ohne Tarifvertrag bei Sonderzahlungen wie dem Urlaubsgeld leer auszugehen“, sagt WSI-Direktorin Bettina Kohlrausch. Wichtig dabei: Wo ein Tarifvertrag gilt, sind meist auch die Grundgehälter höher. „Das Urlaubsgeld ist ein echtes Extra für die Beschäftigten – und ein gutes Argument für tarifgebundene Arbeitgeber, die auf der Suche nach Fachkräften sind“, so WSI-Experte Malte Lübker. 

Auch die Betriebsgröße spielt der Analyse zufolge eine Rolle: In Großbetrieben mit über 500 Beschäftigten erhielten 59 Prozent Urlaubsgeld, in kleineren Betrieben mit unter 100 Beschäftigten nur 38 Prozent. Die bei größeren Arbeitgebern deutlich höhere Tarifbindung ist hierfür eine wichtige Erklärung. In Ostdeutschland sind die Aussichten mit 34 Prozent schlechter als in Westdeutschland mit 48 Prozent. Auch hier ist die Tarifbindung ein entscheidender Faktor. Die Unterschiede zwischen Frauen, die zu 40 Prozent eine Extrazahlung erhalten, und Männern, bei denen der Anteil 50 Prozent beträgt, lassen sich im Wesentlichen auf eine für Frauen ungünstige Verteilung der Beschäftigtenzahlen nach Betriebsgrößen und Berufsgruppen zurückführen. 

Bei der Höhe des tariflichen Urlaubsgelds reicht die Spannweite in der mittleren Vergütungsgruppe von 186 Euro für die Beschäftigten in der Landwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern bis zu 2686 Euro in der Holz und Kunststoff verarbeitenden Industrie. Auch im Hotel- und Gaststättengewerbe fällt die Höhe relativ gering aus. Deutlich höher sind die Beträge unter anderem in der Papier verarbeitenden Industrie, der Metallindustrie, der Druckindustrie, im Kfz-Gewerbe, Versicherungsgewerbe, Einzelhandel, Bauhauptgewerbe und in der Chemischen Industrie.

Von den 17 untersuchten Branchen mit tariflichem Urlaubsgeld hat sich dieses gegenüber dem Vorjahr in acht Branchen erhöht, in drei weiteren Branchen zumindest in einigen Tarifgebieten. Deutlich mehr gibt es in diesem Jahr unter anderem für Tarifbeschäftigte im Einzelhandel Nordrhein-Westfalen mit einem Plus von 5,3 Prozent sowie in der Bekleidungs- und der Textilindustrie mit jeweils gut 8 Prozent.

„Was vielen nicht bewusst ist: Neben Geld für die Urlaubskasse bringen Tarifverträge auch zusätzliche Urlaubstage“, sagt WSI-Forscher Malte Lübker. Nach dem Bundesurlaubsgesetz haben Beschäftigte bei einer Fünftagewoche Anspruch auf 20 Urlaubstage im Jahr. In Tarifverträgen sind hingegen 30 Urlaubstage üblich.

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