Quelle: HBS
Böckler ImpulsBerufswahl: Raus aus den Frauenbranchen
Am 28. April ist Girls' Day. Zum fünften Mal soll der Aktionstag Schülerinnen die Vielfalt der Berufsmöglichkeiten vor Augen führen. Nötig ist's. Mädchen bleiben nach wie vor - schlechter bezahlt - in den "Frauenbranchen" hängen.
Auf welches überaus enge Spektrum sich die Erwerbstätigkeit von Frauen konzentriert, zeigen die eben veröffentlichten Daten des Mikrozensus: Jede zweite von ihnen arbeitete 2004 in Büroberufen, im Gesundheitsdienst und sozialen Berufen, im Verkauf oder als Reinigungskraft - da, wo Verdienst- und Aufstiegschancen vergleichsweise gering sind. Männer nutzen das Berufsspektrum viel breiter. Natürlich haben sie ihre Domäne in den technischen Bereichen. Aber nur in drei von 87 Berufsgruppen überhaupt arbeiten mehr als fünf Prozent aller erwerbstätigen Männer - darunter "Unternehmensleitung, -beratung und -prüfung".
Auch zahlreiche Förderprogramme haben die einseitige Berufswahl der Mädchen bisher nicht nachhaltig knacken können. Unter den zehn von Mädchen am stärksten besetzten Ausbildungsberufen ist kein einziger technischer Beruf. In den fünf zukunftsträchtigen IT-Berufen waren 2003 unter 100 Azubis gerade mal 13 Mädchen, in den neuen gewerblichen Berufen sogar nur 5. Der Girls' Day bleibt wichtig.
Die traditionelle Berufswahl verfestigt die Einkommenskluft. In "Männerbranchen" wie Chemie, Bau und Druck sind die Tarife im Schnitt deutlich besser als in von Frauen dominierten Branchen. Ein Chemikant in der Chemischen Industrie Nordrhein hat ein Tarifgrundgehalt von bis zu 2.450 Euro im Monat, eine Näherin in der bayerischen Bekleidungsindustrie knapp 1.700 Euro brutto - beide nach dreijähriger Ausbildung. Der EU-Gleichstellungsbericht 2004: Männer verdienen in Deutschland im Schnitt 20 rund Prozent mehr.
Die Ursachen sind vielfältig: von der versteckten Diskriminierung bei der Bewertung frauentypischer Tätigkeiten über das meist bei den Frauen abgeladene Problem, Kinder und Beruf zu vereinbaren bis hin zu der verengten Berufswahl. Das neue Programm der Bundesregierung liegt richtig: "Neue Wege für Jungs" soll diese in frauendominierte Berufe locken und sie von dem überholten Bild abbringen, sie allein müssten ihre spätere Familie einmal ernähren.
WSI-FrauenDatenReport (die Ausgabe 2005 erscheint im Herbst), WSI-Tarifarchiv, Stand 12/2003