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HBS Böckler Impuls

Arbeitsmarkt: Randbelegschaften verlieren Jobs

Ausgabe 11/2009

Leiharbeitnehmer und befristet Beschäftigte trifft die Krise hart. Sie verlieren als erste ihre Jobs und rutschen dann häufig gleich in Hartz IV ab.

Die Wirtschaftskrise verstärkt bestehende Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt. Dies geht aus einer Analyse des Wissenschaftszentrums Berlin (WZB) zum Einsatz von Instrumenten der Arbeitsmarkt-flexibilisierung in der Krise hervor.

Rund drei Millionen Zeitarbeiter und befristet Beschäftigte gab es zu Beginn der Krise in Deutschland, darunter überproportional viele junge Menschen und geringer Qualifizierte. Verschiedene Studien zeigen: Schon vor der Krise trugen sie ein besonders hohes Risiko, ihren Job zu verlieren. Und wenn das passiert, landen viele von ihnen übergangslos im Hartz-IV-Bezug, weil sie zuvor wenig verdient haben und oft nur kurzzeitig beschäftigt waren. Von allen Leiharbeitsverträgen, die im ersten Halbjahr 2008 ausliefen, hatte mehr als die Hälfte nicht einmal vier Monate bestanden - zu kurz für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld I. "In dieser Krise zeigen sich damit besonders deutlich die Risiken einer Arbeitsmarktflexibilisierung, die nicht mit ausreichendem sozialen Schutz verknüpft ist", schreiben die WZB-Forscher Johannes Giesecke und Philip Wotschack.

Die Stammbelegschaft opfert ihre Arbeitszeitkonten: Kurzarbeit und der Abbau von Arbeitszeitkonten federn die Krise noch ab. Aber auch die Kernbelegschaften sind mit Risiken und Nebenwirkungen konfrontiert: Trotz gesetzlicher Verpflichtung haben zahlreiche Betriebe ihre Langzeitkonten nicht gegen Insolvenz gesichert. Damit steigt gerade in Krisenzeiten das Verlustrisiko. Nach dem IAB-Betriebspanel 2006 besaßen rund zwei Drittel aller Betriebe mit Langzeitkonten keinen Schutz dafür. Gibt es einen Betriebsrat, sind Sicherungen deutlich weiter verbreitet, ergab die WSI-Betriebsrätebefragung 2007, die gleichwohl noch ein Viertel Betriebe ohne angemessene Absicherung verzeichnet. Und wenn jetzt Guthaben reduziert werden, um die Flaute zu überbrücken, fehlt die Zeit für mittel- und langfristige Pläne, die Arbeitnehmer ursprünglich mit dem Konto verbunden hatten: Die Auszeit nach der Geburt des Kindes etwa oder der vorzeitige Ausstieg aus dem Erwerbsleben. In einem von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Projekt haben WZB-Forscher ermittelt, dass eine deutliche Mehrheit der Beschäftigten schon vor der Krise Langzeitkonten skeptisch gegenüberstand: Den Betrieben brächten sie noch mehr Flexibilität, den Arbeitnehmern aber oft nicht mehr Zeitsouveränität, so der Eindruck.

In ihrer aktuellen Analyse resümieren die WZB-Forscher: "Insgesamt tragen die Beschäftigten einen großen Teil der finanziellen und sozialen Kosten der derzeitigen Rezession." 

  • Die Wirtschaftskrise verstärkt bestehende Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt. Schon vor der Krise trugen Leiharbeiter und befristet Beschäftigte ein beosnders hohe Risiko, ihren Job zu verlieren. Nun zählen sie zu den ersten Verlierern der Krise. Weil sie zuvor wenig verdient haben und oft nur kurzzeitig beschäftigt waren, landen viele von ihnen dann übergangslos in Hartz IV. Zur Grafik

Johannes Giesecke und Philip Wotschack: Flexibilisierung in Zeiten der Krise: Verlierer sind junge und gering qualifizierte Beschäftigte (pdf), WZBrief Arbeit, Juni 2009.

Hildebrandt, Eckart; Wotschack, Philip; Kirschbaum, Almut (2009): Zeit auf der hohen Kante. Langzeitkonten in der betrieblichen Praxis und Lebensgestaltung der Beschäftigten. Berlin: Edition Sigma

Weitere Informationen zum Thema in Impuls 03/2009: Atypisch Beschäftigte in der Krise schlecht geschützt

 

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