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HBS Böckler Impuls

Arbeitszeit: Mehrarbeit oft unbezahlt

Ausgabe 05/2008

Im Aufschwung der vergangenen Jahre haben zahlreiche Betriebe ihre Arbeitszeiten verlängert. Nur ein Teil der Beschäftigten bekommt für mehr Arbeit auch mehr Geld.

Dass die Wirtschaft brummt, merken viele Arbeitnehmer in letzter Zeit vor allem beim Blick auf die Uhr. Ein Viertel der Betriebe mit mehr als 20 Beschäftigten und Betriebsrat hat zwischen Anfang 2005 und Herbst 2007 die Arbeitszeit ausgeweitet - deutlich mehr als in den zwei Jahren zuvor. Das ergibt die neue Betriebsrätebefragung des WSI. Parallel sank nach Angaben der gut 2.000 befragten Arbeitnehmervertreter der Anteil der Betriebe, in denen die Arbeitszeit verkürzt wurde, von fast zwölf auf knapp acht Prozent.

Die Unternehmensleitung muss mit dem Betriebsrat eine Vereinbarung treffen, wenn sie die Arbeitszeit verändern will. "Häufig argumentiert das Management mit einer verschärften Wettbewerbssituation", sagt Hartmut Seifert, Leiter des WSI. Die Arbeitszeit auf diese Weise auszuweiten, sei für Arbeitgeber sehr attraktiv. Denn dabei handele es sich nicht um Überstunden, für die Zuschläge bezahlt werden müssen, sondern um längere "normale" Arbeitszeiten, so Seifert. Betriebe können kurzfristig ihre Produktionskapazitäten ausdehnen, ohne Überstunden anzuordnen oder neue Mitarbeiter einzustellen. Das spart Kosten. Insbesondere, wenn Unternehmen ihren Beschäftigten für die Mehrarbeit keinen Lohnausgleich zahlen. So verfährt nach den WSI-Daten fast die Hälfte der Betriebe. Lediglich rund 53 Prozent der Arbeitnehmervertreter, in deren Betrieb die Arbeitszeit verlängert wurde, berichten auch über einen vollständigen oder partiellen Lohnausgleich. Etwas günstiger für die Beschäftigten sieht es bei Arbeitszeitverkürzungen aus: Zwei Drittel der Betriebe zahlen einen Ausgleich.

Der Trend zu längeren Arbeitszeiten ist seit gut fünf Jahren ungebrochen, beobachtet Seifert, und ein Teil davon taucht in keiner Statistik auf: "So zeigt unsere Untersuchung auch, dass jeder Beschäftigte pro Woche 0,7 Überstunden leistet, die nicht vergütet werden." Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung schätzt, dass auf jede bezahlte Überstunde eine unbezahlte kommt. Auch von Mehrarbeit, die auf betrieblichen Arbeitszeitkonten gespeichert wird, haben die Beschäftigten nicht immer etwas: In jedem vierten Betrieb mit solchen Konten verfallen Zeitguthaben, so die Betriebsrätebefragung. "Die Arbeitszeit wird zunehmend zum Einfallstor für indirekte Lohnsenkungen", sagt Seifert. "Würde hingegen die tatsächlich geleistete Arbeitszeit voll bezahlt, würden die Einkommen nicht unbeträchtlich steigen."

  • Länger arbeiten Im Aufschwung: Zwischen 2005 und Ende 2007 hat jeder vierte Betrieb mit mehr als 20 Beschäftigten und Betriebsrat die Arbeitszeit ausgeweitet - deutlich mehr als in den zwei Jahren zuvor, zeigt die neue WSI-Betriebsrätebefragung. Nur ein Teil der Beschäftigten bekommt für mehr Arbeit auch mehr Geld. Zur Grafik

Hartmut Seifert ist Leiter des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung und Arbeitsmarkt-Experte.

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