Quelle: HBS
Böckler ImpulsOnline-Plattformen: Kaum Schutz für Reinigungskräfte
Wer sein Geld mit dem Reinigen von Privatwohnungen verdient, tut das oft ohne soziale Absicherung. Plattformen wie Helpling tragen wenig dazu bei, die Situation zu verbessern.
Digitale Plattformen bestimmen zunehmend unterschiedliche Bereiche des alltäglichen Lebens. Auch in den Sektor der haushaltsnahen Dienstleistungen sind sie seit einigen Jahren vorgedrungen. Forschende um Katarzyna Gruszka von der Wirtschaftsuniversität Wien analysieren in einer von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Studie die Arbeitsbedingungen von selbstständigen Reinigungshilfen, die ihre Dienste über Helpling anbieten, nach eigenen Angaben mit rund 10 000 registrierten Hilfskräften die größte Online-Plattform zur Vermittlung haushaltsnaher Dienstleistungen in Deutschland. Den Ergebnissen zufolge überwiegt unter ihnen die Unzufriedenheit – vor allem mit hohen Provisionszahlungen, der Machtungleichheit gegenüber der Kundschaft und der fehlenden sozialen Absicherung.
Für ihre Untersuchung haben Gruszka und ihr Team zwischen November 2020 und Oktober 2021 Interviews mit 11 Reinigungskräften sowie 10 Kundinnen und Kunden von Helpling geführt. 27 weitere Reinigungskräfte, die diese Plattform nutzen, haben zwischen Juni und Oktober 2021 an einer Online-Befragung teilgenommen. Während Helpling unter der Bezeichnung „Helpling Premium“ mittlerweile über Partnerfirmen auch festangestellte Hilfskräfte vermittelt, handelt es sich bei den Befragten ausschließlich um Selbstständige. Offene Fragen wurden von der Kommunikationsabteilung des Unternehmens schriftlich beantwortet.
Aus den Interviews geht hervor, dass die Arbeit über Helpling durchaus Vorteile bietet, etwa niedrigschwellige und flexible Verdienstmöglichkeiten auch für Menschen, die kaum Zugang zu regulären Jobs haben. Den befragten Reinigungskräften zufolge, die aus Chile, Argentinien, Ghana, Uruguay und Spanien stammen, ist sie eine „einfache Möglichkeit, auch ohne Deutschkenntnisse schnell und unkompliziert Geld zu verdienen“. Positiv bewertet wird zudem, dass die Plattform Stornierungsgebühren übermittelt, wenn Kundinnen oder Kunden Termine kurzfristig absagen, und bei Krankheit die Kommunikation übernimmt.
Weder Sozial- noch Unfallversicherung
Dennoch zeigen sich die befragten Reinigungskräfte mehrheitlich unzufrieden mit den Arbeitsbedingungen. Ein Manko besteht der Analyse zufolge in Unklarheiten hinsichtlich der rechtlichen Rahmenbedingungen in Bezug auf den arbeitsrechtlichen Status der Reinigungskräfte. In Google-Suchergebnissen taucht Helpling mit dem Slogan „Versicherte Putzhilfen einfach online buchen“ auf, für viele Kundinnen und Kunden stellt die Vermeidung von Schwarzarbeit einen der Hauptgründe für die Nutzung der Plattform dar. Tatsächlich wird auf der Website aber deutlich, dass lediglich eine Haftpflicht- und eine Diebstahlversicherung mitgebucht werden. Die vermittelten Reinigungskräfte arbeiten als Solo-Selbstständige, sind also für die korrekte Versteuerung ihrer Einkünfte selbst zuständig und über Helpling weder sozialversichert noch gegen Gesundheitsrisiken – durch Kontakt mit Reinigungsmitteln, Arbeitsunfälle, körperliche Belastung – abgesichert.
Ihre Stundensätze können die Reinigungshilfen weitgehend selbst festlegen. Die Provision in Höhe von 25 bis 39 Prozent, die Helpling kassiert, halten viele von ihnen für zu hoch. Letztlich blieben etwa 10 bis 15 Euro pro Stunde übrig. Zusätzlich zu den 18 Stunden pro Woche, die die Befragten im Schnitt mit Reinigungsdiensten zubringen, fallen etwa 6 Stunden an Wegzeiten und 3 Stunden für administrative Arbeiten wie das Verwalten von Buchungen und die Kommunikation mit der Kundschaft an. Diese Zeiten lassen sich nicht über die Plattform abrechnen.
Die Macht ist ungleich verteilt
Bewertungen spielen laut der Studie bei Helpling eine wichtige Rolle, sie beeinflussen die Chancen der Plattformarbeitenden auf vorteilhafte Angebote. Das Problem: Diese haben auf der Website keine Möglichkeit, auf Kundenbewertungen direkt zu antworten oder hierüber gegen ungerechtfertigte negative Bewertungen vorzugehen. Grundsätzlich können zwar auch die Reinigungskräfte ihre Kundinnen und Kunden bewerten, sie geben aber an, dazu nur in manchen Fällen aufgefordert zu werden. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erkennen darin ein „deutliches Machtungleichgewicht“. Die befragten Reinigungshilfen bemängeln zudem, dass Helpling bei Problemen in der Regel Partei für die Kundschaft ergreife oder die Problemlösung ihnen überlasse. Für die Eintreibung nicht gezahlter Vergütungen beispielsweise fühlt sich die Plattform laut Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht zuständig.
Sich zu organisieren und gemeinsam gegen solche Missstände zu wehren, sei für die Helpling-Reinigungskräfte durch ihren Status als Selbstständige, die räumliche Isolierung bei der Arbeit und Sprachbarrieren schwierig, schreiben die Forschenden, was auch daran liege, dass es keine Vernetzungsmöglichkeiten über die Plattform gebe. Dass die geplante EU-Richtlinie für Plattformarbeit entsprechende Kommunikationskanäle verbindlich vorschreiben soll, sei insofern zu begrüßen. Auch digitale Zugangsrechte für Gewerkschaften und ein gesetzlicher Mindestschutz unabhängig vom Beschäftigungsstatus, wie vom DGB gefordert, würden die Bedingungen deutlich verbessern.
Stefanie Gerold, Katarzyna Gruszka, Anna Pillinger, Hendrik Theine: Putzkraft aus dem Netz – Perspektiven und Erfahrungen von Reinigungskräften in der plattformvermittelten Haushaltsreinigung, Working Paper der HBS-Forschungsförderung Nr. 259, November 2022