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Investieren lohnt sich Böckler Impuls

Wirtschaftspolitik: Investieren lohnt sich

Ausgabe 03/2025

Eine staatliche Investitionsoffensive könnte die Wirtschaftsleistung deutlich steigern, ohne die Schuldentragfähigkeit zu gefährden.

Ein kreditfinanziertes Investitionsprogramm in Höhe von 600 Milliarden Euro über die kommenden zehn Jahre würde sich auch für die heutige Kindergeneration lohnen. Denn das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) würde als Folge in den kommenden 25 Jahren zusammengerechnet um bis zu 4750 Milliarden Euro höher ausfallen als ohne eine Investitionsoffensive. Das entspricht einer um 3600 Euro pro Kopf höheren Wirtschaftsleistung im Jahr 2045, wenn der Höhepunkt der Wachstumseffekte erreicht wird. Zu diesem Ergebnis kommt das IMK, das Simulationsrechnungen für den Zeitraum bis 2050 durchgeführt hat. Der starke Zugewinn an Wirtschaftsleistung würde die zunächst etwas höheren staatlichen Defizite längerfristig überkompensieren, sodass zur Jahrhundertmitte die Schuldenquote des Staates sogar niedriger liegen könnte als ohne massive Investitionen.

„Ein öffentliches Investitionsprogramm würde entscheidende Engstellen beseitigen, die die Entwicklung der deutschen Wirtschaft aktuell hemmen: Veraltete, oft nicht mehr leistungsfähige Infrastruktur von Schiene bis Digital, zu wenig Tempo beim Umbau der Energieversorgung, Defizite bei Bildungseinrichtungen und Investitionszurückhaltung von Unternehmen – bei all diesen Themen endlich durchzustarten, rechnet sich für Junge mindestens genauso wie für Ältere“, sagt IMK-Direktor Sebastian Dullien.

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Infografik: Ein öffentliches Investitionsporgramm in Höhe von 600 Milliarden Euro würde das Bruttoinlandsprodukt um bis zu 2,6 Prozent steigern, inklusive privater Investitionen um bis zu 6 Prozent.
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Ausgangspunkt der Berechnungen ist ein Investitionsprogramm, wie es das IMK im vergangenen Jahr gemeinsam mit dem Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) vorgeschlagen hat. Es sieht von 2025 bis 2034 zusätzliche öffentliche Investitionen von insgesamt 600 Milliarden Euro vor. Knapp ein Drittel davon soll dazu dienen, den Sanierungsstau bei Städten und Gemeinden aufzulösen. Weitere 200 Milliarden Euro sind für klimafreundliche Modernisierungen vorgesehen, rund 127 Milliarden Euro für Verkehrswege und den öffentlichen Personennahverkehr, knapp 42 Milliarden Euro für die Bildungsinfrastruktur, 37 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau.

Für die Berechnungen in der neuen Studie verwenden die IMK-Forscher Christoph Paetz und Sebastian Watzka das makroökonomische Mehrländermodell NiGEM, das bei Zentralbanken und internationalen Organisationen weit verbreitet ist. Sie setzen zwei Versionen ein, um sowohl eine sehr konservative als auch eine mit Blick auf den Forschungsstand möglichst realistische Abschätzung der Auswirkungen zu erhalten. Hintergrund: In der Standardversion des Modells reduzieren öffentliche Investitionen die Grenzproduktivität privater Investitionen, verdrängen sie also zum Teil. Dagegen sprechen diverse neuere Studien dafür, dass sie sich positiv auswirken. Daher haben die Ökonomen die Effekte des Investitionsprogramms auch mit einer modifizierten Version des Modells simuliert, die diesen Zusammenhang berücksichtigt.

Laut den Berechnungen mit dem Standardmodell fällt das jährliche deutsche BIP mit Investitionsoffensive im Jahr 2045 um 2,6 Prozent höher aus als ohne. In der modifizierten Version sind es 6 Prozent. Wenn man die zusätzliche Wirtschaftsleistung in den Jahren 2025 bis 2050 summiert, ergibt sich ein Plus von 2130 Milliarden beziehungsweise 4750 Milliarden Euro. Entsprechend erhöht sich das BIP pro Kopf durch das Investitionsprogramm um 1570 beziehungsweise 3612 Euro im Jahr 2045.

Sorgen hinsichtlich der Staatsfinanzen sind den Ergebnissen zufolge unbegründet: Während der Laufzeit des Investitionsprogramms von 2025 bis 2034 ergibt sich zwar ein zusätzliches jährliches Defizit von etwa einem Prozent des BIP. Der Referenzwert der EU-Fiskalregeln von drei Prozent wird aber nur in einem einzigen Jahr überschritten, und die Staatsschuldenquote gemessen am BIP sinkt trotzdem. Das gilt in beiden Modellvarianten, nur unterschiedlich schnell und ausgeprägt. Im Jahr 2050 wird die Schuldenquote laut dem Standardmodell bei rund 33 Prozent des BIP liegen, knapp neun Prozentpunkte höher als ohne die zusätzlichen öffentlichen Investitionen, aber immer noch weit unter den im EU-Regelwerk vorgesehenen 60 Prozent und viel niedriger als heute. Im modifizierten Modell fällt die Quote am Ende des Simulationszeitraums sogar auf knapp 22 Prozent, das ist rund drei Prozentpunkte niedriger als in dem Szenario ohne Investitionsprogramm. „Langfristig trägt sich das Programm in dieser Modellvariante also selbst“,heißt es in der Analyse.

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Deutschland muss in den nächsten zehn Jahren 600 Milliarden Euro zusätzlich investieren, um zukunftsfähig zu werden. Davon profitieren künftige Generationen. Mehr dazu in der neuen Folge des Podcasts Systemrelevant.

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