Quelle: HBS
Böckler ImpulsPreise: Inflation trifft die Armen
Die Teuerungsrate geht zurück, doch Familien mit geringem Einkommen leiden weiter am meisten unter den steigenden Preisen.
Ärmere Familien hatten im Dezember mit weiterhin fast 10 Prozent die höchste Inflationsbelastung zu tragen, einkommensstarke Singles die niedrigste – das gleiche Muster wie im gesamten Jahr 2022. Mit dem Rückgang der durchschnittlichen Preissteigerung von 10 Prozent im November auf 8,6 Prozent im Dezember hat sich der Abstand zwischen den höchsten und den niedrigsten haushaltsspezifischen Inflationsraten immerhin wieder etwas verkleinert. Das geht aus dem aktuellen Inflationsmonitor des IMK hervor.
Gemessen an den für sie jeweils repräsentativen Warenkörben lag die Teuerungsrate für Familien mit niedrigen Einkommen im Dezember bei 9,8 Prozent gegenüber 7,1 Prozent bei Alleinlebenden mit sehr hohen Einkommen. Die Differenz betrug damit 2,7 Prozentpunkte, nach 3,5 Prozentpunkten im November. Einen erheblichen Anteil an diesem Rückgang hatte, dass der Staat die Abschlagszahlung für Erdgas und Fernwärme im Dezember übernommen hat. Zudem wirkten sich sinkende Rohölpreise und eine etwas abgeschwächte Teuerung bei Lebensmitteln aus. Denn Haushaltsenergie und Nahrung machen bei den Einkäufen von Haushalten mit niedrigen bis mittleren Einkommen einen größeren Anteil aus als bei wohlhabenden.
Auf die zweithöchste Inflationsbelastung kamen im Dezember mit 9,5 Prozent wie in den Vormonaten Alleinlebende mit niedrigen Einkommen. Auch Alleinerziehende und Familien mit jeweils mittleren Einkommen hatten mit rund 9 Prozent überdurchschnittliche Teuerungsraten zu verkraften, während Paarhaushalte ohne Kinder sowie Alleinlebende mit mittleren Einkommen auf über 8,5 Prozent kamen. Alleinlebende und Familien mit jeweils höheren Einkommen wiesen eine leicht unterdurchschnittliche Rate auf.
„Die Entwicklung im Dezember zeigt, dass die von der Bundesregierung umgesetzten Preisbremsen wirksam sind und bislang auch sozial positive Effekte zeigen“, so Silke Tober und Sebastian Dullien vom IMK. Allerdings hätten sie die soziale Schere bei der Teuerung nur etwas, aber nicht ganz schließen können. Das zeige sich auch beim Blick auf die Teuerungsraten im Gesamtjahr: Die preislichen Entlastungsmaßnahmen verringerten die Inflation 2022 nach IMK-Berechnungen durchschnittlich um einen Prozentpunkt. Dabei fiel die Entlastung für einkommensstarke Alleinlebende und Familien mit 0,6 Prozentpunkten geringer aus als für einkommensschwache Familien und Singles. Trotzdem hatten wohlhabende Haushalte eine merklich geringere Teuerungsrate zu verzeichnen als ärmere.
So waren es im gesamten Jahr 2022 wiederum Familien mit geringem Einkommen, die mit 8,8 Prozent die höchste Teuerungsrate verzeichneten. Dagegen war die Inflation für einkommensstarke Alleinlebende mit 6,6 Prozent unter allen Haushalten am geringsten. Überdurchschnittlich fiel 2022 auch die Inflationsrate für Alleinerziehende mit mittlerem Einkommen aus. Gleiches gilt für Familien mit mittleren und Alleinlebende mit niedrigen Einkommen.
Grundsätzlich leiden Arme besonders unter starker Teuerung, betonen Dullien und Tober: Sie kaufen vor allem Alltagsgüter, die unverzichtbar und kaum durch Alternativprodukte zu ersetzen sind. Zudem besitzen diese Haushalte wenig Spielraum, ihr Konsumniveau durch Rückgriff auf Erspartes aufrechtzuerhalten.
Sebastian Dullien und Silke Tober: IMK Inflationsmonitor – Deutliche Inflationsunterschiede zwischen Arm und Reich im Jahr 2022, IMK Policy Brief Nr. 144, Januar 2023