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Gelebte Demokratie Böckler Impuls

Betriebsräte: Gelebte Demokratie

Ausgabe 02/2025

In mitbestimmten Betrieben haben Beschäftigte häufiger das Gefühl, dass sie gemeinsam etwas bewirken können. Auch die Diskussionskultur ist dort offener.

Dass Betriebsräte die Interessen der Beschäftigten effektiv vertreten, zeigen etliche Studien: Unter anderem bei Lohngleichheit, Beschäftigungsstabilität und Weiterbildung schneiden Betriebe signifikant besser ab, wenn sie mitbestimmt sind. Der Ökonom Uwe Jirjahn von der Universität Trier hat gemeinsam mit dem Soziologen Johannes Kiess von der Universität Leipzig untersucht, auf welche Weise Arbeitnehmervertretungen ihren Einfluss ausüben: Indem sie die Beschäftigten laufend demokratisch in die Entscheidungsfindung einbinden? Oder auf eine eher „autokratische“ Weise, also ohne Rücksprache mit der Basis? Tatsächlich, so das Ergebnis, ist betriebliche Mitbestimmung auch jenseits der Betriebsratswahlen alle vier Jahre eine demokratische Angelegenheit – und trägt dazu bei, dass Beschäftigte das Gefühl haben, offen diskutieren zu können und kollektiv wirksam zu sein. Besonders stark ausgeprägt sind die Effekte bei Gewerkschaftsmitgliedern.

Mehr kollektive Wirksamkeit, offene Debatten

Für ihre Analyse haben Jirjahn und Kiess Daten einer Befragung von 2022 ausgewertet, die knapp 1300 abhängig Beschäftigte in Ostdeutschland umfasst. Abgefragt wurde unter anderem die Zustimmung zu drei Aussagen: „Pro­bleme oder Konflikte lassen sich am besten gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen lösen.“ „Mein persönliches Engagement kann Veränderungen bewirken.“ „Ich kann in meinem Betrieb offen und ohne Angst vor Nachteilen über Betriebsräte und Gewerkschaften diskutieren.“ Die Angaben der Befragten dienen als Gradmesser für die kollektive Wirksamkeit, die Selbstwirksamkeit und die Offenheit des Diskussionsklimas.

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Infografik: Betriebliche Mitbestimmung erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Beschäftigte sich kollektiv wirksam fühlen, um 7 Prozentpunkte und die Wahrscheinlichkeit, dass sie die innerbetriebliche Debatte als offen wahrnehmen, um 17 Prozentpunkte.
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Den Berechnungen zufolge, bei denen Faktoren wie das Geschlecht, das Alter, die Qualifikation oder der berufliche Status statistisch berücksichtigt wurden, wirken sich Betriebsräte in diesem Zusammenhang signifikant positiv aus: Sie erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass Beschäftigte kollektive Wirksamkeit empfinden, um 7 Prozentpunkte und die Chance, dass die innerbetriebliche Debatte als offen wahrgenommen wird, um 17 Prozentpunkte. Wenn man nur die Gewerkschaftsmitglieder betrachtet, sind es sogar 34 und 45 Prozentpunkte. Außerdem lässt sich bei den organisierten Befragten ein Plus von 25 Prozentpunkten bei der Selbstwirksamkeit nachweisen.

Schule der Demokratie

Die Ergebnisse ihrer Untersuchung erklären Jirjahn und Kiess mit den institutionellen Bedingungen der betrieblichen Mitbestimmung. Sprechstunden und Betriebsversammlungen stellten sicher, dass Beschäftigte nicht nur bei den Wahlen einen Stimmzettel ankreuzen, sondern regelmäßig eigene Ideen und Ansichten einbringen und die Arbeit des Betriebsrats diskutieren können. Gewerkschaften wiederum unterstützen sowohl ihre Mitglieder dabei, sich aktiv einzubringen, als auch Betriebsräte bei ihrer Arbeit.

Alles in allem zeige sich, dass Betriebsräte auch in Ostdeutschland als demokratische Institution gut funktionieren. Dass es sowohl mit dem Anteil der mitbestimmten Betriebe als auch mit dem gewerkschaftlichen Organisationsgrad seit Jahren tendenziell bergab geht, sei nicht nur für die Qualität der Arbeit eine schlechte Nachricht. Da Erfahrungen mit gelebter Demokratie am Arbeitsplatz das politische Verhalten jenseits der Werkstore beeinflussen, sei es auch mit Blick auf die Gesellschaft insgesamt eine bedenkliche Entwicklung.

Uwe Jirjahn, Johannes Kiess: Does Employee Representation Foster Workplace Democracy? (pdf) Universität Trier, Research Papers in Economics Nr. 13/2024

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