E-Autos: Die Bilanz ist einfach besser
Einige Vorurteile gegen die E-Mobilität halten sich hartnäckig. Ist das Misstrauen gegenüber batteriebetriebenen Autos berechtigt? Ein Faktencheck.
Was elektrisch fährt, ist kein richtiges Auto. Und selbst wenn unterwegs kein CO₂ in die Luft gelangt: Irgendeinen Haken wird die Sache schon haben. Diese Haltung ist im Autoland Deutschland noch immer weit verbreitet. Der hohe Wasserverbrauch bei der Lithium-Gewinnung in Chile, die benötigten Mengen an Kupfer, Mangan, Graphit, Nickel und Kobalt, der Energieverbrauch bei der Batterieproduktion: Belasten E-Autos die Umwelt am Ende nicht genauso wie Benziner oder Diesel? Sind sie nicht gefährlich, weil sie leicht in Brand geraten? Würde ein größerer Anteil an E-Autos nicht das Stromnetz kollabieren lassen? Mit diesen Bedenken haben sich Forschende des Fraunhofer-Zentrums für Internationales Management und Wissensökonomie im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung auseinandergesetzt. „Wir wollen mit wissenschaftlich fundierten Faktenchecks die energie- und klimapolitische Debatte versachlichen, die im Moment voller Mythen ist“, sagt Christina Schildmann, Leiterin der Abteilung Forschungsförderung der Hans-Böckler-Stiftung. „Dass diese Mythen uns auf dem Weg zur Klimaneutralität blockieren, ist beim Thema Elektromobilität zu sehen. In Norwegen sind inzwischen neun von zehn Neuwagen elektrisch, in Deutschland gerade mal 13,5 Prozent.“ Der Faktencheck E-Mobilität zeigt: Vieles, was sich in den Köpfen festgesetzt hat, ist überholt oder übertrieben.
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Zunächst die CO₂-Bilanz: Hier schnitten batterieelektrische Fahrzeuge in älteren Studien schlechter ab als in aktuellen. Das liegt unter anderem daran, dass die Emissionen, die bei Erzeugung und Transport von Benzin und Diesel entstehen, vernachlässigt wurden. Das führte zu einer „Unterbewertung“ der Emissionen von Verbrennern um 15 bis 20 Prozent. Hinzu kamen unrealistisch niedrig angesetzte Spritverbräuche bei Verbrennern und zu pessimistische Annahmen bezüglich der Lebensdauer von Batterien in E-Autos. Über den gesamten Lebenszyklus gerechnet kann man den Forschenden zufolge bei E-Mittelklassefahrzeugen heute von einem durchschnittlichen CO₂-Ausstoß von 94 Gramm je Kilometer ausgehen; Diesel kommen auf 131, Benziner auf 141 Gramm. Der genaue Wert ist abhängig vom Strommix, mit dem der Akku geladen wird, dem Produktionsverfahren, dem Fahrzeugtyp und davon, wie die Batterie recycelt wird.
In der Tat benötigen Elektrofahrzeuge Rohstoffe, deren Abbau schädliche Eingriffe in die Umwelt mit sich bringt – was bei der Produktion fossiler Brennstoffe auch der Fall ist – und die zum Teil knapp sind. Dieses Problem lässt sich am ehesten durch den Aufbau einer effizienten Kreislaufwirtschaft lösen, so die Forschenden. Schlüsselmaterialien müssen wiederverwendet werden.
Wäre es da nicht die einfachere und ökologisch überlegene Lösung, bei Verbrennungsmotoren zu bleiben, aber klimaneutrale Kraftstoffe, sogenannte E-Fuels, einzusetzen? Dabei wird mithilfe von grünem Strom und CO₂, etwa aus Kraftwerksabgasen, synthetischer Sprit hergestellt, dessen Verbrennung dann kein zusätzliches CO₂ in die Atmosphäre entweichen lässt. Diese Technologie halten die Forschenden allerdings nur für den Einsatz in schwer zu elektrifizierenden Bereichen wie der Luft- und Schifffahrt oder dem Schwerlastverkehr für sinnvoll. Denn sie ist aufwändig, teuer und hat einen schlechten Wirkungsgrad. So kann eine Drei-Megawatt-Windkraftanlage zwar die nötige Energie für 1600 batterieelektrische Autos liefern, aber nur für 250 Pkw, die mit E-Fuels betrieben werden.
Das aktuelle europäische Stromnetz würde eine sofortige Umstellung der gesamten Fahrzeugflotte auf Batteriebetrieb nicht verkraften. Bei einem Anteil von gut 50 Prozent käme es an seine Belastungsgrenze. Allerdings wird dieser Wert Prognosen zufolge erst nach 2030 erreicht sein – genug Zeit für einen Ausbau, etwa durch dezentrale Solaranlagen. Zudem sind Elektroautos nicht zwangsläufig nur eine Belastung für das Netz: Ans Kabel angeschlossene Fahrzeuge könnten auch als Zwischenspeicher dienen, um Spitzen bei Stromerzeugung und -verbrauch abzufedern.
Was ist schließlich mit der Brandgefahr? Bilder von brennenden Elektroautos geistern durch die sozialen Medien und mancherorts dürfen E-Autos nicht in Tiefgaragen. Dabei ist die Statistik eindeutig: Auf 100 000 Verbrenner kommen 1530 Brände, auf 100 000 Stromer 25.
Christian Klöppelt, Patrick Wagner, Elisa Drechsler: Faktencheck: Elektromobilität, Fraunhofer IMW, Januar 2025