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CO₂-Preis braucht soziale Flankierung Böckler Impuls

Energie: CO₂-Preis braucht soziale Flankierung

Ausgabe 15/2024

Nur gut ein Viertel ist mit der aktuellen CO₂-Bepreisung einverstanden. Besonders unter Geringverdienenden und in Ostdeutschland überwiegt die Ablehnung.

Lediglich eine Minderheit der Menschen in Deutschland findet die CO₂-Bepreisung in den Bereichen Verkehr und Wärme in der aktuellen Form akzeptabel: Sieben Prozent nennen den Preis, mit dem Anreize zur Reduzierung des Ausstoßes von Treibhausgasen gesetzt werden sollen, für ihren Haushalt „sehr akzeptabel“ und 19 Prozent „eher akzeptabel“. Weitere 21 Prozent sind bei der Bewertung unentschieden. Dagegen lehnt eine Mehrheit die CO₂-Bepreisung dezidiert als für sich „eher inakzeptabel“ oder „sehr inakzeptabel“ ab. Das ergibt eine Untersuchung des IMK auf Basis einer repräsentativen Befragung.

Dabei zeigen sich deutliche Zusammenhänge mit der Lebenssituation der Befragten: Die Akzeptanz steigt mit dem Einkommen. Und: Wer sich große Sorgen um die wirtschaftliche Situation macht, lehnt den CO₂-Preis häufiger ab als Menschen ohne finanzielle Sorgen. Menschen auf dem Land sind skeptischer als solche in der Stadt. Das beeinflusst auch die Zustimmungswerte in den einzelnen Bundesländern. In den Stadtstaaten Hamburg und Berlin ist die Zustimmung mit 43 beziehungsweise 32 Prozent am höchsten. In den ostdeutschen Flächenländern findet der CO₂-Preis besonders wenig Unterstützung, auch im Saarland und in Niedersachsen sind die Werte relativ gering. 

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Bundesweit fühlen sich rund drei Viertel der Befragten schlecht oder gar nicht über die CO₂-Bepreisung informiert. Gleichzeitig überschätzen die meisten Befragten ihre aktuelle finanzielle Belastung drastisch, während sie die absehbare Kostenentwicklung in den kommenden Jahren unterschätzen, wenn ein unbegrenzter Marktmechanismus die bislang geltende politische Preissetzung ablöst und zu deutlich höheren Kosten führen dürfte. 

Jan Behringer, Lukas Endres und Maike Korsinnek, die die Studie verfasst haben, sind der Meinung, dass bessere Informationen zur CO₂-Bepreisung die Akzeptanz kurzfristig erhöhen. Um den Rückhalt in der Bevölkerung auch bei steigenden CO₂-Preisen zu sichern, sollte zudem zeitnah ein finanzieller Ausgleich geschaffen werden, der vor allem untere und mittlere Einkommensgruppen entlastet. 

Auch hinsichtlich der Präferenzen der Menschen zur Verwendung der Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung gibt die Studie Hinweise: Die Befragten favorisieren, die Einnahmen direkt an die Haushalte zurückzugeben, und zwar teilweise als pauschale Pro-Kopf-Zahlung und teilweise mit einem Schwerpunkt bei Haushalten mit niedrigeren Einkommen oder besonderer Betroffenheit durch den CO₂-Preis. Eine soziale Staffelung nach Einkommen präferieren Anhängerinnen und Anhänger von SPD, Grünen und Linken überdurchschnittlich stark. Befragte, die Union, FDP oder AfD zuneigen, plädieren hingegen stärker für pauschale Rückzahlungen pro Kopf. Sie sind zudem eher dafür, mit einem Teil der Einnahmen die Einkommenssteuer zu senken – obwohl das insbesondere Haushalten mit niedrigeren Einkommen wenig bringt.

Eine mangelnde soziale Flankierung berge „die Gefahr, dass die Umsetzung der Klimapolitik von großen Teilen der Bevölkerung als ungerecht empfunden wird und die gesellschaftliche Akzeptanz der CO₂-Bepreisung schwindet“, warnt das IMK. Außer einem sozialen Kompensationsmechanismus seien auch öffentliche Investitionen in Nah- und Fernverkehr sowie Wärmenetze nötig, um die finanziellen Belastungen von Haushalten – besonders im ländlichen Raum – zu begrenzen.

Was kostet CO₂?

Verbraucher und Verbraucherinnen müssen derzeit 45 Euro je im Verkehrs- oder Gebäudesektor ausgestoßener Tonne CO₂ zahlen. Die Abgabe ist im Preis von Benzin, Diesel, Heizöl und Gas enthalten. Sie steigt im kommenden Jahr auf 55 Euro. Ab 2027 soll an die Stelle politisch bestimmter Preise ein europäisches Emissionshandelssystem treten, in dem sich der CO₂-Preis nach einem Marktmechanismus bildet. Die Emissionsgebühr dürfte dann auf 200 Euro je Tonne und mehr steigen. 

Nach einer Modellrechnung des IMK beträgt die Belastung eines Durchschnittshaushalts durch die CO₂-Bepreisung derzeit 192 Euro im Jahr. In der Bevölkerung wird die Belastung allerdings deutlich überschätzt: Befragte taxieren die Kosten im Schnitt auf knapp 400 Euro jährlich.

Jan Behringer, Lukas Endres, Maike Korsinnek: CO₂-Bepreisung: Akzeptanz und Kostenwahrnehmung nach der Preiserhöhung 2024, IMK Policy Brief Nr. 175, August 2024

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