zurück
Bundesländern fehlt eine gute Praxis Böckler Impuls

Sozial-ökologische Transformation: Bundesländern fehlt eine gute Praxis

Ausgabe 01/2024

Um den Wandel zu gestalten, braucht es die Zusammenarbeit von Sozialpartnern und Politik. Nur wenige Bundesländer haben dies bisher erkannt.

Die sozial-ökologische Transformation muss von Politik, Beschäftigten und Arbeitgebern gemeinsam gesteuert werden, nicht nur auf Bundesebene, sondern auch vor Ort. Doch wie sieht es mit den Strukturen aus, die diese Zusammenarbeit ermöglichen sollen? Die meisten Bundesländer haben hier noch keine gute Praxis, geschweige denn eine ganzheitliche Strategie entwickelt. Das zeigt eine Analyse von Christian Hoßbach, der die Stabsstelle „Hub: Transformation gestalten“ in der Hans-Böckler-Stiftung leitet. 

Hoßbach hat untersucht, welche konkreten Programme und Initiativen zur Gestaltung der Transformation existieren. Er konzentriert sich dabei auf die Ebene der Bundesländer als wichtige Zwischenebene mit Haushalts- und Gesetzgebungskompetenz einerseits und direktem Bezug zu den regionalen Themen und Akteuren andererseits. Grundlage sind qualitative Interviews mit gewerkschaftlichen Expertinnen und Experten.

Von besonderer Bedeutung sind Formate, die die verschiedenen Akteure – Staat, Beschäftigte und Arbeitgeber – zusammenbringen. Auf Bundesebene hat die Bundesregierung die Allianz für Transformation eingerichtet, in der mehrere Ministerien, Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände und zivilgesellschaftliche Organisationen zusammenarbeiten. „Die Arbeit der Allianz ist angesichts der Belastungen durch den Krieg in Europa, Inflation und Pandemie weniger weit entwickelt als ursprünglich geplant“, schreibt Hoßbach. Es sei daher nicht überraschend, dass entsprechende Formate auf der Ebene der Bundesländer mit ihren deutlich geringeren personellen Ressourcen noch weiter hinterherhinken. Explizit auf die Transformation ausgerichtete Beiräte, an denen die Kernakteure beteiligt sind und die mit ausreichenden Ressourcen ausgestattet sind, gibt es bislang nur in Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und im Saarland. Ebenfalls mit leistungsfähigen Strukturen, aber thematisch stark auf die Transformation der Automobil- und Zulieferindustrie fokussiert, arbeiten Bayern und Baden-Württemberg. Die befragten Expertinnen und Experten aus Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg und Nordrhein-Westfalen berichten, dass es zwar etablierte Netzwerke und Kommunikationsstrukturen gibt, diese sich aber noch nicht systematisch mit Transformationsthemen befassen. In Hessen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen sind Strukturen der Zusammenarbeit nur schwach ausgeprägt. Dies ist nach Aussage der Befragten insbesondere in den ostdeutschen Bundesländern auf die passive Haltung der regionalen Arbeitgeberverbände zurückzuführen.

Die Bundesagentur für Arbeit hat in einigen Bundesländern begonnen, Strukturen zur Gestaltung der Transformation aufzubauen, insbesondere zur Stärkung der Weiterbildung. Hervorzuheben ist beispielsweise eine gemeinsame Initiative der Sozialpartner, der Landesregierung und der Bundesagentur für Arbeit in Niedersachsen, die es ermöglicht, Beschäftigte zu „Transformationslotsen“ auszubilden. Die Lotsen sollen in ihren Betrieben Qualifizierungsbedarfe identifizieren und vor Ort beraten.

Hochschulen und Forschungseinrichtungen können ihr Wissen bei der Weiterentwicklung von nachhaltiger Produktion, als Plattform für regionale Netzwerke, aber auch als Anbieter von Weiterbildung einbringen. Allerdings sind die regionalen Netzwerkbeziehungen zwischen Wissenschaft und Gewerkschaften in den meisten Bundesländern nicht sehr ausgeprägt, insbesondere das Netz der Kooperationsstellen ist sehr dünn, am stärksten noch in Niedersachsen. Die Hans-Böckler-Stiftung unterstützt den Aufbau von Kooperationsstellen durch inhaltliche und organisatorische Beratung sowie durch eine Anschubfinanzierung.

Um die vor ihnen liegenden Aufgaben bewältigen zu können, sind Betriebs- und Personalräte auf Unterstützung und Beratung angewiesen. Nur die Hälfte der Bundesländer beteiligen sich jedoch dauerhaft an der Grundfinanzierung arbeitnehmerorientierter Strukturen. Dabei zeigen die Beispiele der beiden landesgesetzlich eingerichteten Arbeitnehmerkammern in Bremen und im Saarland oder der regelmäßig von den Ländern geförderten Technologieberatungsstellen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, wie leistungsfähig solche Strukturen sein können. 

„Die Infrastruktur für eine arbeitsorientierte Gestaltung der Transformation ist in der Fläche insgesamt noch sehr schwach ausgeprägt und kann nur in wenigen Bundesländern als annähernd ausreichend bezeichnet werden“, schreibt Hoßbach. Die Bundesländer sollten ihre Verantwortung für die sozial-ökologische Transformation aktiver wahrnehmen, was sich in der Einrichtung von Transformationsräten und nicht zuletzt in ihren Budgetentscheidungen niederschlagen sollte. Zudem konzentrierten sich die bisherigen Bemühungen stark auf die Industrie, während Dienstleistungen zu wenig Beachtung fänden.

Christian Hoßbach: Regionale Gestaltung der Transformation in den Bundesländern, HBS-Forschungsförderung, Working Paper Nr. 317, Dezember 2023

Impuls-Beitrag als PDF

Zugehörige Themen

Der Beitrag wurde zu Ihrem Merkzettel hinzugefügt.

Merkzettel öffnen