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HBS Böckler Impuls

Tarifpolitik: Bündnisse, Differenzierungen, Öffnungsklauseln und Härtefälle

Ausgabe 11/2005

Dezentraler, flexibler und offener für die jeweilige betriebliche Situation - so lautet der Tariftrend seit etwa zwei Jahrzehnten. Als Mittel dazu haben Arbeitgeber und Gewerkschaften, die in über tausend Tarifbereichen darüber verhandeln, hunderte Öffnungsklauseln vereinbart. Sie sind nur noch schwer auf einen Punkt zu bringen. Allen gemeinsam ist: Betriebe können von den einheitlichen und verbindlichen Standards der Flächentarifverträge abweichen.

Differenzierung meint: Für bestimmte Beschäftigtengruppen, Betriebe oder Teilbranchen werden unterschiedliche Tarifstandards etabliert. Ein klassisches Beispiel sind die tariflichen Regelungen zu variablen Arbeitszeiten. Betriebe können sie nutzen oder nicht. Um Erlaubnis müssen sie nicht fragen.

Öffnungsklauseln lassen - zeitlich begrenzt - in vielen Fällen Tarifabsenkungen zu. Die Anpassungsmöglichkeiten der Betriebe sind groß. Die Anwendung von Öffnungsklauseln ist teilweise von der Zustimmung der Tarifvertragsparteien abhängig.

Allgemeine Öffnungsklauseln sind nicht auf bestimmte inhaltliche Regelungsbereiche beschränkt. Anders spezielle Öffnungsklauseln: Eine solche Klausel sieht zum Beispiel in der Chemischen Industrie die Möglichkeit vor, das 13. Monatseinkommen bei tiefgreifenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kürzen. Im Baugewerbe Ost können die tariflichen Vergütungen um bis zu zehn Prozent sinken - zur Sicherung der Beschäftigung.

Während früher überwiegend Härtefallklauseln vereinbart wurden, die vor allen Dingen zur Rettung von Betrieben in wirtschaftlicher Not gedacht waren, können neuere Öffnungsklauseln auch angewandt werden zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und der Innovationsfähigkeit.

Wenn Betriebe Öffnungsklauseln nutzen, bedeutet das nicht gleich ein "Bündnis für Arbeit". Der Betriebsrat stimmt zum Beispiel einer Arbeitszeitverlängerung oder einer Kürzung tariflicher Sonderzahlungen zu. Im Gegenzug garantiert das Unternehmen in der Regel einen befristeten Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen. In vielen Fällen sehen die Tarifverträge vor, dass die Tarifvertragsparteien die Vereinbarung überprüfen und ihr zustimmen müssen, bevor diese in Kraft treten.  So schauen sie darauf, ob das Bündnis gerechtfertigt ist und der Betrieb nicht nur einen Vorteil gegenüber anderen erreichen will - auf Kosten seiner Belegschaft und um den Preis, dass Verlässlichkeit der Tarifverträge und Sicherheit der Arbeitnehmer insgesamt geopfert werden sollen.

Alle Regelungen haben eine Benchmark, an der sie sich abarbeiten und entlang verhandeln: den Flächentarifvertrag. Er sorgt gerade in der Krise für Halt.

Reinhard Bispinck und WSI-Tarifarchiv: Immer flexibler - und immer länger ?
Tarifliche Regelungen zur Arbeitszeit und ihrer Gestaltung. Eine Analyse von 24 Tarifbereichen, April 2005
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WSI-Mitteilungen 6/2005, Schwerpunktheft: "Zur Lage der Interessenvertretung: Die aktuelle WSI-Befragung von Betriebs- und Personalräten"
Zum Schwerpunkt

Frank Bauer, Eva Munz: Arbeitszeiten in Deutschland: 40plus und hochflexibel;
in: WSI-Mitteilungen 01/2005

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