Quelle: HBS
Böckler ImpulsMitbestimmung: Betriebsräte nehmen Einfluss auf die Unternehmensstrategie
Betriebsräte sind in der Lage, aktiv Alternativen zu Kostensenkungsstrategien des Managements zu entwickeln. Sie profitieren von ihren organisatorischen Kenntnissen sowie den Erfahrungen und dem Expertenwissen der Beschäftigten.
Arbeitnehmervertreter können ihr Unternehmen oft zu innovativeren Strategien als Arbeitsplatzabbau und rein kostengetriebener Rationalisierung drängen. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Analyse des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung.
Die IAQ-Wissenschaftler untersuchten am Beispiel der von der IG Metall NRW gestarteten Kampagne „besser statt billiger“, wie sich die Arbeitsbeziehungen im Unternehmen entwickeln, wenn die Interessenvertretung Management-Entscheidungen aktiver hinterfragt. „Besser statt billiger“ stellt Betriebsräten Instrumente zur Verfügung, um gegenüber Rationalisierungsplänen Alternativen zu entwickeln. Dazu zählen Branchenreports, der Erfahrungsaustausch unter Arbeitnehmervertretern oder die Kontaktvermittlung zu Wissenschaftlern und Beratern. Das IAQ-Forscherteam befragte bei 16 Betriebs-Fallstudien Betriebsräte, Gewerkschafter und Vertreter der Geschäftsführung.
Arbeitnehmervertreter haben im Rahmen des Programms eine ganze Reihe von Innovationen angestoßen, fanden die Wissenschaftler heraus. Den Schwerpunkt bildeten Verbesserungen der Arbeitsorganisation. Vorschläge für neue Produkte oder Fertigungsverfahren waren seltener. Das hat das IAQ nicht überrascht, denn „organisatorische Fragen sind die traditionelle Domäne der Betriebsratsarbeit“. Am erfolgreichsten waren die Arbeitnehmervertreter, wenn sie auf das Erfahrungswissen von breiten Teilen der Belegschaft zurückgreifen konnten, beispielsweise durch Innovations-Workshops oder Umfragen. Für die Zukunft halten es die Forscher für unerlässlich, dass dabei stärker als bisher auch hochqualifizierte Angestellte einbezogen werden. In einigen der untersuchten Unternehmen beobachtete das IAQ auch positive Wirkungen auf das allgemeine Innovationspotenzial – weil sich Betriebsräte erfolgreich für Investitionen in Weiterbildung einsetzten.
Kulturwandel der Betriebsratsrbeit. Eine weitere Leitfrage der Wissenschaftler lautete: Wie hat sich durch „besser statt billiger“ die Mitbestimmungspraxis verändert? Das IAQ spricht von einem „allmählichen Kulturwandel“ hin zu einer „strategischen Interessenvertretung“. Dabei hinterfragten Betriebsräte verstärkt „die ökonomische Stichhaltigkeit“ der Management-Argumente. Während sich Arbeitnehmervertreter früher häufiger darauf beschränkt hätten, auf eine sozialverträgliche Umsetzung von Managemententscheidungen zu drängen, machten sie jetzt die Erfahrung, „dass derartige Entscheidungen rückholbar sein können“.
Tabea Bromberg: Rückenwind für Betriebsräte, IAQ-Report 5/2011, November 2011
Thomas Haipeter u.a.: Rückenwind für die Betriebsräte, edition sigma, Berlin, November 2011