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HBS Böckler Impuls

Altersübergang: Gerade Arbeiter halten selten bis zur Rente durch

Ausgabe 05/2014

Die Erwerbsbeteiligung Älterer steigt. Doch viele Menschen wechseln nicht aus aktiver Beschäftigung, sondern aus Krankheit oder Arbeitslosigkeit in die Rente. Wie lange Beschäftigte im Job bleiben, hängt stark vom Beruf ab.

Ein immer größerer Teil der Menschen über 55 Jahren ist erwerbstätig. Möglichkeiten zur Frühverrentung sind abgeschafft und das offizielle Renteneintrittsalter steigt. Aber daraus lässt sich noch nicht unbedingt schließen, dass die Beschäftigten nun länger arbeiten, erklärt Rentenexperte Martin Brussig vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) im neusten Altersübergangsreport. Denn die höhere Erwerbsbeteiligung Älterer folgt unter anderem daraus, dass Jahrgänge mit mehr berufstätigen Frauen auf die Rente zusteuern. Und das Rentenzugangsalter sagt wenig darüber aus, bis zu welchem Alter die Menschen wirklich gearbeitet haben: „Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Nichterwerbstätigkeit vor Rentenbeginn sind weit verbreitet“, so Brussig. Deshalb hat der IAQ-Forscher im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung und des Forschungsnetzwerks Alterssicherung untersucht, in welchem Alter Arbeitnehmer tatsächlich aus dem Job ausscheiden. Als Grundlage diente der Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes, eine jährliche Befragung von 0,1 Prozent der Bevölkerung. Die Ergebnisse unterscheiden sich von Beruf zu Beruf erheblich.

Bei seinen Berechnungen ist Brussig von denjenigen ausgegangen, die mit 55 Jahren noch im Arbeitsleben standen. Er hat zwei Kohorten verglichen, die 1941 Geborenen und den Jahrgang 1945. Dabei zeigt sich: Das übliche Erwerbsaustrittsalter ist zwar angestiegen, es ist aber selbst bei den Jüngeren weit von der Regelaltersgrenze entfernt. Die ältere Kohorte war im Mittel bis 60 beschäftigt, vier Jahre Jüngere haben bis 61 gearbeitet.

Dabei ist die Spanne groß: Während in einigen Berufen meist noch ein wenig über den 63. Geburtstag hinaus gearbeitet wird, war in den Hoch- und Tiefbauberufen gewöhnlich noch vor Erreichen des 59. Lebensjahres Schluss. Relativ lang durchgehalten haben Redakteure oder Künstler, Beschäftigte in Land- und Forstwirtschaft oder Lehrer und Erzieher. Hilfsarbeiter mussten den Dienst dagegen im Regelfall kurz nach dem 59. Geburtstag quittieren.

Zumindest zwei Muster lassen sich Brussig zufolge erkennen: Berufsfelder, in denen viele Arbeiter tätig sind, zeichnen sich durch ein eher geringes mittleres Erwerbsaustrittsalter aus. Länger gearbeitet wird dagegen in Branchen, die viele Minijobber beschäftigen.

Das muss jedoch nicht heißen, dass Minijobs besondere altersgerechte Arbeitsbedingungen aufweisen. Näher liegt für den Wissenschaftler eine andere Erklärung: Viele Minijobber sind vermutlich aus ihrem eigentlichen Beruf bereits ausgeschieden, aber noch nicht alt genug für die Rente. Dies würde erklären, dass das mittlere Erwerbsaustrittalter in den „sonstigen Dienstleistungsberufen“ mit 62,4 Jahren relativ hoch ist. Darunter fallen nämlich unter anderem Gastronomie und Reinigungsgewerbe, wo viele Teilzeitkräfte ohne spezielle Qualifikation tätig sind.

„Die deutliche Verlagerung des Erwerbsaustritts auf höhere Lebensjahre innerhalb kurzer Zeit sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die praktischen Voraussetzungen für die Rente mit 67 in der heutigen Arbeitswelt offenkundig noch längst nicht erfüllt sind“, resümiert der IAQ-Experte – auch wenn Deutschland inzwischen die höchste Erwerbsbeteiligung von 55- bis 64-Jährigen in der Eurozone aufweist.

  • In keiner Berufsgruppe ist die Mehrheit bis zum Regelrentenalter berufstätig. Zur Grafik

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