Forschungsprojekt: Notlösung oder aktive Arbeitsmarkt- und Strukturpolitik?

Beschäftigungsgesellschaften in Zeiten der Transformation

Projektziel

Die „Gesellschaften zur Arbeitsförderung, Beschäftigung und Strukturentwicklung“ (ABS) waren eine Form der aktiven Mitgestaltung der Transformation. Meist von Gewerkschaften initiiert, zielten sie darauf, Beschäftigte nicht ohne Perspektive in die Arbeitslosigkeit zu entlassen. Sie waren auch ein Instrument der Strukturpolitik, gerade auf der regionalen Ebene.

Projektbeschreibung

Kontext

Eine Folge der wirtschaftlichen Transformation in den 1990er Jahren war der umfangreiche Verlust von Arbeitsplätzen in den neuen Bundesländern. Der DGB und seine Gewerkschaften zielten mit ihren Forderungen nach Sanierung von Unternehmen auf den Erhalt möglichst vieler Arbeitsplätze. Deren Abbau war jedoch angesichts der problematischen Wettbewerbssituation der ostdeutschen Wirtschaft sowie der Privatisierungspolitik von Bundesregierung und Treuhandanstalt eine Realität, die arbeitsmarktpolitische Lösungsansätze erforderte. Ein Ansatz waren „Beschäftigungsgesellschaften“, seit der Rahmenvereinbarung zwischen Treuhandanstalt, Gewerkschaften und Arbeitgebern vom 17. Juli 1991 als „Gesellschaften zur Arbeitsförderung, Beschäftigung und Strukturentwicklung“ (ABS) bezeichnet. Ziele dieser Gesellschaften waren Vermeidung von Arbeitslosigkeit, berufliche Weiterqualifizierung, regionaler Strukturwandel und Schaffung von Arbeitsplätzen.

Fragestellung

Formuliert wird die These, dass ABS-Gesellschaften zum einen aktive Arbeitsmarktpolitik durch Schaffung von Beschäftigung und Qualifizierung betrieben, zum anderen auch wesentliche Bedeutung für regionale Strukturen und verloren gegangene sozial-kulturelle Funktionen auf betrieblicher Ebene hatten. Auf welche Resonanz stießen die Gesellschaften bei ihren Beschäftigten? Was erhofften sich die in die Gesellschaften überführten Arbeitnehmer:innen? Welche Bedeutung hatten sie für die von Arbeitslosigkeit besonders betroffenen Frauen? Welche Funktionen übernahmen sie in industriellen Zentren und in ländlich geprägten Regionen? Wie wirkten sie auf die regionale Strukturentwicklung? Im Zentrum des Projektes stehen die betrieblichen und gewerkschaftlichen Aktivitäten zur Errichtung von ABS-Gesellschaften und deren Entwicklung.

Auch für Schlussfolgerungen für die aktuellen und künftigen Transformationen ist die Erforschung der ABS-Gesellschaften von Interesse.

Untersuchungsmethoden

Das Projekt basiert grundsätzlich auf der Methode der historischen Quellenanalyse. Dies beinhaltet die Auswertung schriftlicher archivalischer und veröffentlichter Quellen sowie mündlicher Quellen. Das Projekt kann sich auf eine breite Quellengrundlage stützen, dazu zählen gedruckte Quellen (Geschäftsberichte etc.) und gewerkschaftliche Archivbestände (u.a. Archiv der sozialen Demokratie, Bonn). Auch die aus den 1990er Jahren vorliegenden sozialwissenschaftlichen Studien bieten als Quellen wertvolle Informationen, insbesondere, was Umfragen bei ABS-Gesellschaften und ihren Beschäftigten betrifft. Interviews mit Beteiligten und in den ABS-Gesellschaften Beschäftigten bilden eine weitere wesentliche Quellengrundlage zur Praxis- und Erfahrungsebene; neben der Sekundärauswertung bereits vorliegender Gespräche z.B. aus dem Bereich der IG Metall und des DGB, sind weitere Gespräche mit Expert:innen und Zeitzeug:innen geplant.

Projektleitung und -bearbeitung

Projektleitung

Prof. Dr. Detlev Brunner
Universität Leipzig Historisches Seminar
Lehrstuhl für Neuere und Zeitgeschichte

Kontakt

Dr. Michaela Kuhnhenne
Hans-Böckler-Stiftung
Forschungsförderung