Projektbeschreibung
Kontext
Im Zuge der Heterogenisierung und Fragmentierung von Belegschaften ist die Herstellung übergreifender gewerkschaftlicher Solidarität eine Herausforderung. Die Ausdifferenzierung des Arbeitsmarkts nach Qualifikationen, aber auch nach Klasse, Gender und Race, geht mit der Hierarchisierung von Tätigkeitsbereichen einher. Die Erwerbsarbeit migrantisierter Frauen ist überproportional häufig gering entlohnt und von prekären Arbeitsbedingungen betroffen. Häufig gehören sie nicht zur klassischen Stammklientel der Gewerkschaften. Und doch waren und sind sie in den Gewerkschaften in vielfältiger Weise sehr aktiv.
Fragestellung
Das Forschungsprojekt will anhand von historischen sowie aktuellen Fallbeispielen untersuchen, wie intersektionale Solidarität über verschiedene Ungleichheitsdimensionen (Race, Gender und Class) hinweg entstehen kann. Konkret wird das Engagement weiblicher Erwerbstätiger mit (eigener oder familiärer) Migrationsgeschichte in Streiks und Gewerkschaften beleuchtet. Ihr Engagement belegt die Möglichkeit solidarischen Handelns, wobei zu fragen ist, wie es dazu kommt, welche Beweggründe dazu führen und welche Bedeutung dabei Diskriminierungserfahrungen zukommt. Wie verschränken sich im gewerkschaftlichen Engagement von Migrantinnen Kämpfe gegen klassenspezifische, sexistische und rassistische Unterdrückung? Welche Voraussetzungen sind für die Herstellung intersektionaler Solidarität nötig? Welche Effekte und Erfolge haben diese Strategien – in den Betrieben, in den Gewerkschaften und in der Gesellschaft?
Untersuchungsmethoden
Fokussiert werden sowohl historische Arbeitskämpfe (der 1960er und 1970er Jahre) als auch jüngere Fallbeispiele, um die sich wandelnde soziale Positionierung der Beschäftigtengruppe migrantisierter Frauen jenseits sowie innerhalb der Gewerkschaften zu berücksichtigen. Mit Hilfe von Expert*innengesprächen sowie zwanzig narrativen Interviews mit Streikaktivistinnen und Gewerkschaftsfunktionärinnen wird eine bisher marginalisierte Perspektive auf die Arbeiter*innengeschichte eröffnet, die davon zeugt, dass und wie intersektionale Solidarität zu einem wichtigen Teil der Gewerkschaftsbewegung werden kann.