Projektbeschreibung
Kontext
Der Angriff Russlands auf die Ukraine löste die Flucht vieler Ukrainerinnen und Ukrainer aus. Sowohl ihre große Zahl als auch der Umstand, dass diese überwiegend hochqualifiziert und häufig weiblich sind, unterscheidet Geflüchtete aus der Ukraine von denen der meisten anderen Herkunftsländer. Hinzu kommt, dass den Ukrainerinnen und Ukrainern vor dem Hintergrund des Krieges vergleichsweise stärkere Rechte und eine bessere materielle Versorgung in Deutschland zugestanden werden. Sie erhalten rasch eine Arbeitserlaubnis sowie das Recht auf den Bezug von Bürgergeld nach SGB II. Es bieten sich neue Chancen der Fachkräftegewinnung, doch es stellen sich auch neue Herausforderungen für die Integration von Geflüchteten in die Arbeitswelt. Dies gilt nicht zuletzt vor dem Hintergrund des anhaltenden Krieges. In dieser Situation bietet sich die Chance, aus wissenschaftlicher wie praktischer Perspektiver im Vergleich mit Geflüchteten aus anderen Ländern neue Erkenntnisse zu gewinnen.
Fragestellung
Das Projekt sollte drei Fragen nachgehen: (1) Welche Chancen und Risiken bestehen beim Zugang ukrainischer Kriegsflüchtlinge zum Arbeitsmarkt in Deutschland? (2) Welche Unterstützungsangebote, aber auch Hindernisse und Ausschlüsse finden sich bei der arbeitsweltlichen Inkorporation und der betrieblichen Sozialintegration ukrainischer Flüchtlinge? (3) Welche Szenarien der Integration ukrainischer Flüchtlinge zeichnen sich auf dem Arbeitsmarkt und in den Betrieben ab und welche Folgen für die Interessenartikulation von Arbeitnehmerinnen sind zu erwarten? Relevant für Forschung und Praxis ist dabei nicht zuletzt die Frage, wie die besonderen Rahmenbedingungen und Voraussetzungen, wie sie im Falle der Geflüchteten aus der Ukraine im Unterschied zu anderen Geflüchteten bestehen, sich auf die Integration in Arbeitsmarkt und Arbeitswelt auswirken. Erwartet wurde jedoch, dass im Rahmen eines frühen Projektes lediglich erste und vorläufige Hinweise zu finden sind.
Untersuchungsmethoden
Angesichts der nicht zuletzt wegen des Krieges mit erheblichen Unsicherheiten behafteten Entwicklung (Bleibeverhalten und Integrationsinteresse) wurde das Vorhaben als kleineres qualitatives Projekt angelegt. Es wurden Interviews mit sechs überbetrieblichen Expertinnen und Experten sowie Managementvertretern aus sechs Betrieben geführt. Dabei erwies es sich als eher schwierig, Interviewpartnerinnen und Interviewpartner zu finden, die tatsächlich über betriebliche Erfahrungen mit ukrainischen Geflüchteten verfügen. Anders als in den Jahren nach 2015 fanden sich keine prominenten Fördermaßnahmen in den Betrieben. Das Problem war weniger eine fehlende Gesprächsbereitschaft, vielmehr, dass das Beschäftigungsvolumen noch immer begrenzt ist und es vielen Gesprächspartnerinnen bzw. Gesprächspartnern entgegen ihrer Intention nicht gelungen war, für ihre Betriebe ukrainische Geflüchtete zu gewinnen. Hinzu kommt, dass es an öffentlich sichtbaren betrieblichen Integrationsmaßnahmen fehlt.
Darstellung der Ergebnisse
Die Integration von Geflüchteten aus der Ukraine in die Arbeitswelt ist noch nicht sehr weit gediehen. Unklarer Kriegsverlauf und unsichere Bleibeperspektiven beeinflussen die betriebliche Integration bei Ukrainerinnen und Ukrainern negativ. Wegen des hohen Qualifikationsniveaus ist das Interesse an einfachen Tätigkeiten schwach, für höher qualifizierte Tätigkeiten fehlt es hingegen oft an der Sprachkompetenz. Einer Erwerbstätigkeit steht zudem die oft nicht hinreichende Kinderbetreuung entgegen. Einschränkungen beim Bezug von Bürgergeld könnten sicherlich die Annahme von Einfachtätigkeiten erzwingen, würden jedoch die nicht im gesellschaftlichen Interesse Deutschlands liegende Vernichtung von Humankapital verstärken sowie die Bildung eines transnationalen Raumes begünstigen. Zwar konnten noch keine definitiven Prognosen erstellt, doch mehrere Szenarien skizziert werden, denen praktische Relevanz zuzuschreiben ist. Positiv wäre eine verbesserte Verbindung von Arbeit und Spracherwerb.