Projektbeschreibung
Kontext
Es spricht einiges dafür, dass Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen die nächste wichtige ‚Welle‘ von Technisierungs-, Automatisierungs- und Digitalisierungsprozessen der Arbeitswelt sein werden. Und auch wenn diese weder neue Technologien sind, noch in naher Zukunft alle hochgesteckten Erwartungen erfüllen werden, hat sich dennoch ihre politische und ökonomische Bedeutung in den letzten Jahren erhöht, was nicht zuletzt an einer Intensivierung der diskursiven Auseinandersetzungen mit dem Thema deutlich wird. Immer deutlicher wird auch, dass KI einige Problemlagen hinsichtlich Gender und ihren Verschränkungen mit anderen Ungleichheitskategorien aufweist. Dass Technologien nicht neutral sind, oftmals einen Bias oder Ungleichheit verstärkende Effekte haben können, ist einerseits bekannt, dass dies in KI und maschinellem Lernen immer schwieriger nachzuweisen und zu verstehen ist, stellt die Gestaltung von Technik und Arbeitswelt dennoch vor neue Herausforderungen.
Fragestellung
Das Projekt verfolgte die Frage, welche Themenfelder, Ergebnisse und Analysen im aktuellen, internationalen wissenschaftlichen Forschungsstand sowie in öffentlichen Diskursen hinsichtlich der Relevanz von KI und maschinellem Lernen aus Geschlechterperspektiven für die Arbeitswelt und die konkreten Arbeitsbedingungen identifiziert werden können. Hierbei wurde ein intersektionales Verständnis zugrunde gelegt, d.h., dass Geschlecht grundsätzlich als verwoben mit anderen Ungleichheitskategorien konzipiert wurde. Ziel des Projekts war eine systematische Aufarbeitung des bisherigen internationalen Erkenntnisstandes, ein vertieftes Verständnis der relevanten Akteur:innen, ihrer Interessen, Forderungen und Konfliktfelder sowie der Schwachstellen bisheriger wissenschaftlicher und öffentlicher Auseinandersetzungen mit dem Themenfeld. Auf Grundlage der Ergebnisse wurde auch diskutiert, welche Handlungsbedarfe daraus für betriebliche und politische Akteure entstehen.
Untersuchungsmethoden
Hierfür wurde zunächst der internationale Forschungsstand von 2015 bis 2021 systematisch erhoben und ausgewertet. Um den öffentlichen Diskurs zu analysieren, wurden zum einen Beiträge einschlägiger Medien (insb. Tages- und Wochenzeitungen) für den gleichen Zeitraum hinzugezogen. Zum anderen wurden Veröffentlichungen, Statements und Positionen von relevanten Akteur:innen erhoben, insbesondere von Gewerkschaften, Arbeitsgeberverbänden, Parteien, Ministerien, NGOs sowie frauen-, gender- und diversitypolitischen Akteur:innen. Ergänzend wurden Expert:innen-Interviews geführt. Die Daten wurden inhaltsanalytisch ausgewertet, um die identifizierbaren Themen zu strukturieren.
Darstellung der Ergebnisse
Die Analyse des Forschungsstands zeigt, dass bisher vor allem vier Themen untersucht werden: der Einfluss von KI auf den Arbeitsmarkt, Auswirkungen der Interaktion mit KI am Arbeitsplatz; das Management von Arbeit mit KI und die Gefahren der Diskriminierung; sowie das Feld der Arbeit in der KI-Entwicklung selbst. Im medialen Diskurs zeigt sich eine Fokussierung auf die Themen Bias und Diskriminierung sowie Automatisierungsgefahren. Zudem lassen sich neue Männlichkeits- und Weiblichkeitsfiguren identifizieren. Im politischen Diskurs wird deutlich, wie insbesondere staatliche Akteur*innen im KI-Diskurs um Deutungsmacht ringen: Die nationale KI-Strategie lässt sich als Strategie interpretieren, die Gesellschaft für KI zu mobilisieren. KI wird als Schlüsseltechnologie gerahmt; sie gilt als dynamisch, unausweichlich, komplex und kontrovers und vor allem als politisches Problem. Geschlecht und Diversität spielen hierin eine kleine, aber entscheidende Rolle; quasi als Gradmesser für eine ‚gute‘, ‚faire‘ KI. Insgesamt sind die Diskurse geprägt von Vorstellungen der Gestaltbarkeit von KI und damit ein Möglichkeitsfenster für politische, gewerkschaftliche und betriebliche Neuverhandlungen.