Projektbeschreibung
Kontext
Arbeitstätigkeiten werden zunehmend komplexer, Arbeitsprozesse gewinnen an Dynamik und scheinen kontinuierlich schneller abzulaufen. Die Deregulierung der Erwerbstätigkeit und eine entsprechende Zunahme atypischer Beschäftigung führen zu Verunsicherung bei Beschäftigten und schaffen Konkurrenzdruck. Parallel dazu verändert sich Erwerbsarbeit durch zunehmende Digitalisierung. Neue Technologien können unterstützend wirken, schaffen aber auch neue Risiken. Eine Identifikation der Faktoren, die im Zuge der Veränderung von Erwerbsarbeit suchthaftes Arbeiten (d.h. exzessives und zwanghaftes Arbeiten) fördern, aber auch hemmen, ist von großer Bedeutung – denn dadurch ergeben sich Ansatzpunkte für Interventionen. Suchthaftes Arbeiten birgt schließlich nicht nur das Risiko verminderter individueller Gesundheit, sondern kann auch das betriebliche und private Umfeld der suchthaft Arbeitenden deutlich in Mitleidenschaft ziehen.
Fragestellung
Im Rahmen des Projektes wurden drei zentrale Forschungsfragen beantwortet. Die erste Forschungsfrage lautete: „Wie verbreitet ist suchthaftes Arbeiten unter Erwerbstätigen in Deutschland?“ Untersucht wurde diesbezüglich die Verbreitung suchthaften Arbeitens bei unterschiedlichsten sozialen Gruppen, wie Männern, Frauen, Jüngeren, Älteren, Geringqualifizierte oder Hochqualifizierten. Die zweite Forschungsfrage lautete: „Was sind mögliche Ursachen von suchthaftem Arbeiten?“. In diesem Zusammenhang wurde insbesondere auf berufliche und betriebliche Ursachen eingegangen, unter anderem auch auf die Nutzung von Homeoffice. Die dritte Forschungsfrage lautete: „Welche Folgen hat suchthaftes Arbeiten für Erwerbstätige?“. Untersucht wurden diesbezüglich unterschiedlichse Facetten von Gesundheit und gesundheitlichen Beschwerden, die womöglich bei suchthaft Arbeitenden gehäuft auftreten können.
Untersuchungsmethoden
Die Analysen basieren auf einer repräsentativen Befragung von rund 8.000 Kernerwerbstätigen in Deutschland (BIBB-Zusatzbefragung: Persönlichkeitseigenschaften und Erwerbstätigkeit in Deutschland; doi:10.7803/501.18.2.1.10). Die Befragung wurde per CATI (Computer Assisted Telephone Interview) im Zeitraum von Oktober 2017 bis Mai 2018 durchgeführt und stellt eine Zusatzerhebung zur Erwerbstätigenbefragung 2018 des Bundesinstituts für Berufsbildung und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin dar (doi:10.7803/501.18.1.1.10). Zur Messung von suchthaftem Arbeiten wurde die deutschsprachige Version der ‚Dutch Workaholism Scale (DUWAS)‘ verwendet, nach der suchthaftes Arbeiten als das gemeinsame Auftreten von exzessivem und zwanghaftem operationalisiert wird. Als statistische Analyseverfahren wurden uni- und bivariate Verfahren sowie multivariate regressionsanalytische Verfahren angewendet.
Darstellung der Ergebnisse
Die Ergebnisse des Forschungsprojekts wurden bis dato in drei Publikationen veröffentlicht:
1) van Berk, B., Ebner, C. & Rohrbach-Schmidt, D. (2022). Wer hat nie richtig Feierabend? Eine Analyse zur Verbreitung von suchthaftem Arbeiten in Deutschland. Arbeit, 31(3), 257-282.
Der Artikel thematisiert die Verbreitung suchthaften Arbeitens in Deutschland. Demnach sind rund 10% der Erwerbstätigen in Deutschland betroffen.
2) Ebner, C., van Berk, B. & Rohrbach-Schmidt, D. (2023). Homeoffice und suchthaftes Arbeiten in Deutschland: Sind Homeofficeintensität und betriebliche Regulierung von Bedeutung? Soziale Welt, IM ERSCHEINEN.
Die Ergebnisse in diesem Artikel legen nahe, dass die Arbeit im Homeoffice tendenziell mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für suchthaftes Arbeiten einhergeht, insbesondere dann, wenn Homeoffice unreguliert ist.
3) van Berk, B., Ebner, C. & Rohrbach-Schmidt, D. (2023). Suchthaftes Arbeiten und Gesundheit: Empirische Befunde für Deutschland. HBS-Forschungsförderung Study Nr. 482.
In der Study wird gezeigt, dass suchthaft Arbeitende tendenziell eine schlechtere Gesundheit haben und Arztbesuche eher meiden als andere Beschäftigte.