Projektbeschreibung
Kontext
Hintergrund sind die Ergebnisse einer Studie, mit der 2016 der Anteil der Mitglieder der IG Metall ermittelt werden sollte, die einen Migrationshintergrund haben. Diese hatte ergeben, dass Migrant:innen mit einem Anteil von ca. 22 Prozent entsprechend ihrem Anteil in der Bevölkerung (und den Branchen) in der IG Metall organisiert waren. Mitglieder mit Migrationshintergrund waren überdurchschnittlich oft in den Gremien der Mitbestimmung und der Gewerkschaft engagiert, in aller Regel im Betriebsrat, häufiger noch als Vertrauensperson. Im Anschluss an diese Befunde sind wir in dieser qualitativ angelegten Studie der Frage nach den Motiven für ein solches migrantisches Engagement und dessen Verläufen nachgegangen.
Fragestellung
Welche Rolle spielen strukturelle, organisationale, betriebliche, sowie biografische Faktoren für das Engagement von Arbeitnehmer/-innen mit Migrationshintergrund in der betrieblichen Mitbestimmung? Der Fokus lag auf dem Einfluss von durch die Migrationsgeschichte der Arbeitnehmer/-innen vermittelten Faktoren: Von den Folgen ethnischer Segmentierung für die Allokation im Arbeitsprozess bis zu außerbetrieblichen Exklusions- und Diskriminierungserfahrungen.
Untersuchungsmethoden
Den Kern der Untersuchung bilden 25 leitfadengestützte, narrative Einzelinterviews, die mit Akteuren aus zwei Betrieben sowie Gewerkschaftsmitarbeiter:innen durchgeführt worden sind. Bei einem der Betriebe handelte es sich um einen Großkonzern der Automobilbranche, bei dem anderen um einen Zulieferbetrieb. Aufgrund der branchenspezifisch vielen Querverbindungen zwischen Vertrauenskörper und Betriebsrat sowohl in der Arbeit der Gremien als auch in der Wahrnehmung und den Engagementverläufen der Befragten wurden neben Betriebsratsmitgliedern auch Vertrauensleute befragt.
Darstellung der Ergebnisse
Engagement in der betrieblichen Mitbestimmung wird sowohl von lebensweltlichen, durch Migration geprägten Erfahrungen bestimmt, als auch durch betriebliche Dynamiken, die aus einer „ethnische Segmentierung“ des Arbeitsmarkts hervorgehen. Strukturelle Ursachen für das Engagement liegen in den oftmals prekären Arbeitsbedingungen und überwiegend durch Migration geprägten Belegschaften, aber auch in gesellschaftlichen Exklusionserfahrungen. Es wird ermöglicht durch Routinen der Rekrutierung und Mentoringbeziehungen und eine gewerkschaftliche Bildungsarbeit, die vielen migrantischen Beschäftigten ihre ersten Bildungserfolge ermöglicht. Die Aktiven knüpfen dabei an eine durchaus ambivalente Geschichte migrantischen Engagements in der Gewerkschaft an, welche für viele Migrant:Innen über lange Zeit ihre erste und einzige „politische Heimat“ war.