Forschungsprojekt: Digitale Projektgemeinschaften als Innovationsinkubatoren

Projektziel

In der Softwareindustrie haben sich Open-Source-Communitys als Inkubatoren für Innovationsprozesse etabliert, dabei jedoch ihren Charakter als partizipative Alternative zur kommerziellen Herstellung verloren. Inwieweit können jüngere Formen der kollaborativen Entwicklung bzw. plattformkoordinierte Formen der Arbeitskoordination einer „Kolonialisierung“ durch Unternehmen entgegenwirken?

Veröffentlichungen

Schrape, Jan-Felix und Jasmin Schreyer, 2021. Digitale Plattformen in kommerziellen und gemeinwohlorientierten Arbeitszusammenhängen, Study 460, Düsseldorf: Hans-Böckler-Stiftung, 100 Seiten.

Schreyer, Jasmin und Jan-Felix Schrape, 2021. Plattformzentrierte Arbeitskoordination im kommerziellen und kooperativen Fahrradkurierwesen, ARBEIT, 30(4), S. 283-306.

Schrape, Jan-Felix, 2020. Kollaborative Labs und offene Werkstätten, Ökologisches Wirtschaften , 35(1), S. 22-24.

Schreyer, Jasmin, 2020. Sharing ≠ Sharing Economy. Ausprägungen der digitalen Sharing Economy im Lebensmittelsektor, Discussion Paper 3, Stuttgart: RESEARCH CONTRIBUTIONS TO ORGANIZATIONAL SOCIOLOGY AND INNOVATION STUDIES /STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR ORGANISATIONS-UND INNOVATIONSSOZIOLOGIE, 39 Seiten.

Schreyer, Jasmin, 2019. Das Phänomen der Sharing Economy am Beispiel des Foodsektors, Working Paper Forschungsförderung 145, Düsseldorf: Hans-Böckler-Stiftung, 95 Seiten.

Schrape, Jan-Felix, 2019. Understanding Open Source Software Communities, In: Redlich, T. ; Moritz, M.; Wulfenberg, J. (Hrsg.), Co-Creation. Reshaping Business and Society in the Era of Bottom-up Economics, Cham: Springer Verlag, S. 117-127.

Schrape, Jan-Felix, 2019. Verteilte Innovationsprozesse: Collective Invention – User Innovation – Open Innovation, In: Blättel-Mink, Birgit; Schulz-Schaeffer, Ingo; Windeler, Arnold (Hrsg.), Handbuch Innovationsforschung, Berlin/Heidelberg: Springer Verlag, S. 117-127.

Schrape, Jan-Felix, 2019. The Promise of Technological Decentralization. A Brief Reconstruction, Society, 56, S. 31-37.

Schrape, Jan-Felix, 2019. Technology and the Promise of Decentralization. Origins, Development, Patterns of Arguments, SOI Discussion Paper 1, Stuttgart: Universität Stuttgart Institut für Sozialwissenschaften, 27 Seiten.

Schrape, Jan-Felix und Jasmin Schreyer, 2018. Plattformökonomie und Erwerbsarbeit. Auswirkungen algorithmischer Arbeitskoordination das Beispiel Foodora, Working Paper Forschungsförderung 87, Düsseldorf: Hans-Böckler-Stiftung, 26 Seiten.

Dolata, Ulrich und Jan-Felix Schrape (Hrsg.), 2018. Collectivity and Power on the Internet. A Sociological Perspective / Ulrich Dolata, Jan-Felix Schrape, Cham: Springer International Publishing, 108 Seiten.

Schrape, Jan-Felix, 2018. Open Source Communities. The Sociotechnical Institutionalization of Collective Invention, In: Dolata, Ulrich; Schrape, Jan-Felix (Hrsg.), Collectivity and Power on the Internet. Collectivity and Power on the Internet, 1 Band, 1. Band, Cham: Springer International Publishing, S. 57-83.

Schreyer, Jasmin und Jan-Felix Schrape, 2018. Algorithmische Arbeitskoordination in der plattformbasierten Gig Economy. Das Beispiel Foodora, AIS Studien, 11(2), S. 262-278.

Schrape, Jan-Felix, 2018. Open-Source-Projekte zwischen Passion und Kalkül, In: Redlich, Tobias; Moritz, Manuel; Wulfsberg, Jens P. (Hrsg.), Interdisziplinäre Perspektiven zur Zukunft der Wertschöpfung, Wiesbaden: Springer Gabler, S. 285-298.

Schrape, Jan-Felix, 2017. Open-source projects as incubators of innovation: From niche phenomenon to integral part of the industry, Convergence: The International Journal of Research into New Media Technologies, S. 1-2.

Weitere Informationen

Website des Projektes
http://projektgemeinschaften.de/

Projektbeschreibung

Kontext

Die Open-Source- und Open-Content-Communitys der ersten Generation sind inzwischen eng mit kapitalistischen Marktstrukturen verschränkt. Als Steigbügelhalter für Hoffnungen auf demokratische Arbeitszusammenhänge oder den Aufschwung allmende-orientierter Wirtschaftsformen taugen diese Projektkontexte nicht mehr. Sie reproduzieren auch in ihren internen Koordinationsweisen eingespielte Strukturen sozialer Ungleichheit, was sich z.B. in einer Schließung gegenüber Neulingen zeigt. Wie aber sieht das in jüngeren informationstechnisch vermittelten Projektgemeinschaften und plattformbasierten Arbeitszusammenhängen aus? Inwiefern heben sich diese Communitys und Arbeitsplattformen in ihren Strukturierungsmustern von eingespielten Formen der Koordination und Koproduktion ab? Haben sich in ihren Projekt- und Arbeitszusammenhängen institutionelle Arrangements ausgebildet, die Einfluss- und Teilhabeasymmetrien entgegenwirken und egalitäre Kollaborationsformen dauerhaft stabilisieren können?

Fragestellung

Aus organisations- und techniksoziologischer Perspektive wurden in diesem Projekt marktzentrale Open-Source-Projekte sowie der Einsatz von digitalen Plattformen in kommerziellen und gemeinwohlorientierten Arbeitszusammenhängen (z.B. Maker-Szene, Sharing Economy, Gig Economy) in den Blick genommen. Ausgehend von Fallstudien zu neuen Formen der kollaborativen Herstellung und Entwicklung sowie zu plattformkoordinierten Ausprägungen der Arbeitsorganisation haben wir das veränderte Zusammenspiel von technischen und sozialen Strukturierungsleistungen in der Koordination von (Zusammen-)Arbeit herausgearbeitet und daraus resultierende arbeitspolitische Regelungsbedarfe diskutiert.

Untersuchungsmethoden

Um zu klären, inwiefern sich aktuelle digitale Projektgemeinschaften und plattformbasierte Kollaborationsformen von etablierten Arbeitsmustern unterscheiden, wurden zunächst vergleichende rekonstruierende Fallstudien durchgeführt, die mit einer gegenstandsadäquaten Kombination qualitativer und quantitativer Zugriffsweisen die verschiedenen Ausprägungen digitaler Projektgemeinschaften und plattformvermittelter Arbeit in den Blick genommen haben. Auf dieser Grundlage erfolgten anschließend theoretisch-konzeptionelle Verdichtungen, die zusammen mit einem Rückblick auf frühere Episoden kollektiver Invention verallgemeinerbare Muster der onlinezentrierten Koproduktion, die damit einhergehenden Chancen bzw. Risiken für eine offene Arbeits- und Wirtschaftswelt sowie potentielle Regulationsmöglichkeiten herausgearbeitet haben.

Darstellung der Ergebnisse

Insgesamt zeigt sich, dass die Digitalisierung einerseits neue Optionen zur Flexibilisierung von Arbeits- und Kollaborationszusammenhängen eröffnet. Andererseits bietet die Digitalisierung erweiterte Möglichkeiten zur marktorientierten Arbeitsverteilung und Überwachung , die in einer intensivierten Rationalisierung münden können. Dies zeigt sich insbesondere in der plattformzentrierten Koordination von Erwerbsarbeit, die zunächst unter dem Schlagwort ‚Sharing Economy‘ mit Hoffnungen auf ein Gegenmodell zu eingespielten kapitalistischen Wirtschaftsweisen verbunden waren, aber inzwischen umfassende Kommodifizierung erfahren haben. Mit Blick auf internetzentrierte Projektgemeinschaften sowie das genossenschaftlich ausgerichtete Crow Cycle Courier Collective trat hervor, dass die Balance zwischen Offenheit bzw. Mitbestimmung und technikvermittelter Regelsetzung auch in gemeinwohlorientierten Arbeitskontexten eine beständige Herausforderung bleibt, obgleich digitale Infrastrukturen in diesen Fällen eher ein Gegenstand sozialer Aushandlung bleiben. Wie sich die Plattformisierung von Arbeit und Kollaboration ausspielt, hängt insoweit wesentlich von den konkreten Implementationsweisen ab.

Projektleitung und -bearbeitung

Projektleitung

PD Dr. Jan-Felix Schrape
Universität Stuttgart Institut für Sozialwissenschaften
Abt. für Organisations- Und Innovationssoziologie

Bearbeitung

Jasmin Schreyer
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Kontakt

Dr. Stefan Lücking
Hans-Böckler-Stiftung
Forschungsförderung

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