Projektbeschreibung
Kontext
Vor allem in großstädtischen Ballungsräumen der Bundesrepublik Deutschland wird in den letzten Jahren ein Problem der Wohnraumversorgung deutlich, das vor allem Haushalte mit geringem und mittlerem Einkommen betrifft. Es zeigt sich, dass die Politik der "unsichtbaren Hand des Marktes" keineswegs zu einer Verbesserung der Wohnungssituation in den Großstädten geführt hat. Die gestiegene Nachfrage hat zwar zu höheren Preisen geführt, die Generierung von zusätzlichen Wohnungsangeboten scheint aber weitgehend ausgeblieben zu sein. Es wird zunehmend geäußert, dass "die Wohnung" kein Wirtschafts-, sondern ein Sozialgut ist und deshalb politische Eingriffe notwendig sind. Verdrängungseffekte in deutschen Großstädten, aber auch in Kommunen in unmittelbarer Großstadtnähe, sind vor allem bei Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen evident. Sie bergen eine erhebliche Gefahr, Teilhabechancen am Erwerbs- und gesellschaftlichen Leben zunehmend ungleich zu verteilen.
Fragestellung
Bund und Länder werden sich aufgrund der Haushaltssituation und der anstehenden Begrenzung der Neuverschuldung nicht in der Lage sehen, ein großes Investitionsprogramm für Wohnungen aufzulegen. Deshalb stellt sich die Frage, welche anderen Strategien möglich sind, um dem Problem der Mietsteigerung zu begegnen. Das Projekt zielt darauf ab, lokale politische Antworten auf dieses Problem daraufhin systematisch zu untersuchen, wie gegebene Restriktionen überwunden werden können, um das Wohnungsproblem in den Großstädten anzugehen. Das Forschungsprojekt soll mit der Identifizierung städtischer Handlungsmöglichkeiten wissenschaftlich gesicherte Grundlagen für die soziale und politische Gestaltung eines zentralen Lebensbereichs liefern. Das Forschungsvorhaben kann zudem einen Beitrag zur wissenschaftlichen Debatte leisten, indem zu erklären versucht wird, wie es Akteuren gelingen kann, strukturelle Handlungsrestriktionen in ihren spezifischen städtischen Handlungskontexten zu überwinden.
Untersuchungsmethoden
Die empirische Analyse erfolgt in zwei Schritten. Zunächst werden im ersten Schritt mittels eines quantitativ-empirischen Erklärungsmodells die zentralen Einflussfaktoren auf die Miethöhe in den 80 deutschen Großstädten identifiziert. Die Modellbildung verfolgt jedoch nicht primär das Ziel der Prüfung von hergebrachten Hypothesen, sondern soll vor allem als "Sieb" fungieren, um die Fälle herauszufiltern, deren Miethöhen deutlich höher oder niedriger sind, als es die Markt- und Kontextbedingungen vermuten lassen. Die so identifizierten statistischen "Ausreißer" sollen im Rahmen des zweiten Arbeitspakets des Projektes dann im Rahmen qualitativ ansetzender Einzelfallstudien untersucht werden. Mittels der Fallstudien sollen politische und administrativen Akteure sowie Vertreter von Wohnungswirtschaft, Mieterbünden und lokaler Zivilgesellschaft der einzelnen Fallstädte hinsichtlich der lokalen wohnungspolitischen Strategien, Prozesse und Projekte in ihrer Stadt befragt werden.
Darstellung der Ergebnisse
Die zentralen Bestimmungsfaktoren der Mietbelastung sind die Baulandpreise, der Bevölkerungszuwachs sowie die Anteile von Singlehaushalten und Einpendlern. Während der Einfluss der Politik auf die ersten drei Punkte begrenzt ist, besteht immerhin über die Verkehrs- und Infrastrukturpolitik die Möglichkeit, auf die Entwicklung der Mietpreise dämpfend einzuwirken. Dies kann sowohl über die Optimierung der Verkehrsanbindungen funktionieren als auch im Rahmen kooperativer Lösungen in Regionen. Wie die fünf Fallstudien gezeigt haben, bedeuten hohe Mietpreisniveaus nicht automatisch, dass die Stadt sich in der Wohnungspolitik nicht engagiert. In allen Fallstudienstädten, in denen die Mietpreise als Problem erkannt wurden, will die politische Führung der Stadt die Wohnungspolitik entscheidend gestalten. Der Einwand, die Städte stünden finanziell „mit dem Rücken an der Wand“ ist zwar im Allgemeinen richtig, dies bedeutet jedoch nicht, dass die Städte zum Nichtstun verdammt wären. Vor allem in München wird deutlich, dass politische Führungsfiguren imstande sind, auf diesem sehr schwierigen Politikfeld Erfolge zu erzielen, wenn sie die Wohnungspolitik zur Priorität erklären.