Projektbeschreibung
Kontext
Nicht erst seit der Schlecker-Insolvenz 2012 ist der deutsche Einzelhandel in den Fokus der Politik und der medialen Öffentlichkeit geraten. Insbesondere prekäre Beschäftigungsverhältnisse, Dumpinglöhne, Werkverträge, Überwachung der Angestellten und damit unzumutbare Arbeitsbedingungen prägen die politische und öffentliche Diskussion. Darüber hinaus ist der deutsche Einzelhandel eine Branche, in der zum größten Teil Frauen beschäftigt sind. Viele der weiblichen Arbeitskräfte arbeiten in Teilzeit, was die Gefahr einer prekären Beschäftigung erhöht. Eine weitere Verschlechterung der Arbeitsbedingungen, z.B. durch steigende Flexibilisierungsanforderungen bringt insbesondere für die Gruppe der alleinerziehenden Beschäftigten, zusätzliche Probleme in das Spannungsfeld Familie und Beruf ein.
Fragestellung
Es wird der Frage nach einem möglichen anderen Personalmanagement im Einzelhandel nachgegangen, welches die Belange von Beschäftigung und Beschäftigten unter den Gesichtspunkten von "Guter Arbeit" und dem Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit (Employability) in den Fokus nimmt. Eine zukunftsorientierte und positive Entwicklung des Einzelhandels berücksichtigt besonders die Beschäftigten als wichtige Schnittstelle mit direktem Kundenkontakt. In diesem Zusammenhang ist zu fragen, welche Vorgehensweisen gewählt werden müssen, um Inhalte "Guter Arbeit" und Employability durchzusetzen und fortzuführen. Weiterhin ist zu fragen, wie diese Inhalte mit dem Faktor Wirtschaftlichkeit korrespondieren.
Untersuchungsmethoden
Das Projekt hat folgende methodische Grundlagen:
- kurze deskriptive Darstellung und Analyse der derzeit bestehenden Rahmenbedingungen im deutschen Einzelhandel auf Grundlage von Literaturanalysen
- Gegenüberstellung der Inhalte von "Guter Arbeit" und die Inhalte des Aktionsplans "Faire Arbeit - Fairer Wettbewerb" in Form einer "Themen-Matrix"
- Durchführung von leitfadengestützten Experteninterviews zur Benennung notwendiger Kriterien für Zukunftsfähigkeit und Beschäftigungssicherung unter Berücksichtigung fairer Arbeitsbedingungen sowie zur Auffindung möglicher "good-practice-Beispiele"
- Durchführung eines Ideenworkshops mit derselben Themenstellung und Diskussion über die erarbeiteten Kriterien
- Untersuchung betrieblicher "good-practice" Einzelfallbeispiele zur Untersuchung einer möglichen Interdependenz zwischen den Inhalten von "Guter Arbeit" sowie Employability und dem wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens.
Darstellung der Ergebnisse
- Die untersuchten Fallbeispiele Galeria Kaufhof, IKEA, Karstadt, real und Kaiser's Tengelmann wurden durch die Gesprächspartner als potentiell "faire" Unternehmen einestuft. Durch die Zugrundelegung von von drei Hauptkriterien wurden Rückschlüsse auf Relevanz der Indikatoren für "Gute und Faire Arbeit" gezogen.
- Kriterium Sozialer Dialog: Alle Unternehmen sind tarifgebunden und verfügen über eine mehr oder weniger lang bestehende Tradition konstruktiver Mitbestimmungspraxis. Hier zeigte sich, dass insbesondere eine über lange Zeit vorhandene und gelebte Mitbestimmungspraxis als Transmissionsriemen für "Gute und Faire Arbeit" dient.
- Kriterium Unternehmenskultur: Hier wurde der Begriff der Wertschätzung gegenüber den MitarbeiterInnen als ein äußerst wichtiger Bestndteil für "Gute und Faire Arbeit" identifiziert.
- Kriterium Personalmanagement: Wichtig ist hier ein Personalmanagement, das sich aktiv mit den Wünschen und Bedürfnissen der Belegschaften im Rahmen einer kompetenzgerechten Arbeit befasst. Dies umfasst in erster Linie Durchlässigkeit, Qualifizierungsmöglichkeiten, Arbeitszeitregelungen und funktionierende Kommunikation sowohl top-down als auch bottom-up.