Projektbeschreibung
Kontext
Kennzeichnend für das deutsche System der Heranbildung des Hochschullehrernachwuchses sind ein gestufter und langfristiger Qualifizierungsprozess auf Basis befristeter Förderung bzw. Beschäftigungsverhältnisse mit wechselnden Finanzierungsquellen, fehlende Planbarkeit und relativ geringe Erfolgsaussichten im Hinblick auf das Erreichen des Karriereziels Professur. Hochschulpolitik, -praxis und -forschung sind sich weitgehend einig, dass im Interesse der Sicherung der Konkurrenzfähigkeit der Hochschulen und der Weiterentwicklung des Wissenschaftsstandorts Deutschlands einer Neugestaltung der Postdoc-Phase und der Wege zur Professur bedarf. Das Projekt bietet die Möglichkeit, gestützt auf das Meinungsbild von Nachwuchswissenschaftler(inne)n und Professor(inn)en sowie eine vergleichende Analyse verschiedener Qualifizierungswege Reformansätze zu entwickeln, die darauf zielen, die Attraktivität einer wissenschaftlichen Laufbahn nachhaltig zu erhöhen.
Fragestellung
Das Forschungsprojekt war in zwei Teilprojekte untergliedert, die sich ergänzende Fragestellungen bearbeitet haben. Das erste Teilprojekt widmete sich der Situation in der Qualifizierungsphase befindlicher Postdocs:
- Welche Motive lagen der Entscheidung für eine wissenschaftliche Karriere zu Grunde?
- Wie beurteilen Postdocs ihre aktuellen Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen?
- Welche beruflichen Ziele verfolgen sie und wie schätzen sie die Chancen auf dem Arbeitsmarkt Wissenschaft ein?
- Wo zeichnen sich Stärken und Schwächen der verschiedenen Wege wissenschaftlicher Qualifizierung von Postdocs ab?
Das zweite Teilprojekt untersuchte die Situation von Postdocs nach Abschluss der Qualifizierungsphase:
- Was wird aus ehemaligen Juniorprofessor(inn)en?
- Wie beurteilen Professor(inn)en die Karrierewege Juniorprofessur, Nachwuchsgruppenleitung, Habilitation sowie Promotion plus Berufspraxis?
- Welche Anregungen bietet das österreichische wissenschaftliche Karrieremodell?
Untersuchungsmethoden
Im Zentrum des Projektes standen zwei bundesweite Online-Befragungen. Zum einen befragte HoF Nachwuchswissenschaftler(inne)n, die im Wintersemester 2012/13 auf einer Juniorprofessur bzw. Nachwuchsgruppenleitung tätig waren. Es beteiligten sich 604 Juniorprofessor(inn)en und 123 Emmy Noether-Nachwuchsgruppenleiter(innen), was einem Rücklauf von jeweils rund 50% entsprach. Zur Vertiefung fanden leitfadengestützte Interviews statt.
Zum anderen nahm das CHE 2013 eine bundesweite Online-Befragung von ehemaligen Juniorprofessor(inn)en sowie ab 2002 berufenen Professor(inn)en, die über andere Wege ihre Professur erreicht haben, vor. Zusätzlich wurden in einer bundesweiten Universitätsbefragung Daten zum beruflichen Verbleib von Juniorprofessor(inn)en erhoben. Darüber hinaus wurde vom CHE eine berufsbiografische Analyse von Karriereverläufen österreichischer Wissenschaftler(innen) anhand von Lebensläufen durchgeführt. Diese wurde durch Experteninterviews ergänzt.
Darstellung der Ergebnisse
Die Verwirklichung von Forschungsinteressen und eine hohe Selbstständigkeit sind die Hauptgründe für die Wahl des wissenschaftlichen Karriereweges.
- Im Vergleich der Karrierewege besitzen die ehemaligen Juniorprofessor(inn)en) gute Chancen, auf eine Professur berufen zu werden und zwar überwiegend ohne zusätzliche Habilitation. Zudem fällt die Dauer ihrer Postdoc-Phase mit rund sechs Jahren am geringsten aus. Frauen und Männer sind ähnlich erfolgreich beim Erreichen einer Professur.
- Was die soziale Durchlässigkeit anbelangt, so wählen Personen aus bildungsfernen Schichten besonders häufig den Weg über eine Promotion plus Berufspraxis zur Professur.
- Die noch in der Qualifizierungsphase befindlichen Postdocs sind mit ihrer Situation im Großen und Ganzen zufrieden, wobei die Zufriedenheit im Zeitverlauf abnimmt.
- Als besonders positiv werden während der Qualifizierung die Freiräume in Forschung und Lehre sowie die Arbeitsaufgaben und -inhalte hervorgehoben. Vergleichsweise negativ fällt das Urteil in Bezug auf die zeitliche Beanspruchung, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die Planbarkeit der Karriere aus. Tenure-track-Optionen stellen die Ausnahme dar.