Forschungsprojekt: Dienstpläne im ÖPNV nach Restrukturierung

Arbeitsverdichtung im Fahrdienst als Folge der Restrukturierung im ÖPNV

Projektziel

Wettbewerbsdebatte und EU-Verordnung haben in den letzten 10 Jahren im öffentlichen Personennahverkehr eine Restrukturierung und Rationalisierung ausgelöst. Sie war wirtschaftlich erfolgreich. Fast alle kommunalen ÖPNV-Unternehmen haben die Direktvergabe bis etwa 2020 erhalten. Diese Studie untersucht die sozialen Folgen für die Beschäftigten, besonders für die Fahrerinnen und Fahrer.

Veröffentlichungen

Resch, Hubert, 2012. Arbeitsverdichtung im Fahrdienst als Folge der Restrukturierung im ÖPNV, Arbeitspapier 212, Düsseldorf: Hans-Böckler-Stiftung, 112 Seiten.

Resch, Hubert, 2012. Studie: Deutlicher Anstieg der Arbeitsbelastung im ÖPNV, NaNa, 08/2012, S. 3.

Resch, HubertAuswirkungen ökonomischer Restrukturierung auf den Fahrdienst, Der Nahverkehr, 30, S. 56-57.

Weitere Informationen

Wettbewerbsdruck und Restrukturierung: Arbeitsbelastung im ÖPNV. Pressemitteilung vom 05.03.2012
http://www.boeckler.de/14_39108.htm

Schliffke, Frank: Arbeitsbelastung im ÖPNV gestiegen.- In: Der rote Renner; vom 06.03.2012
http://www.roter-renner.de/detail/datum/2012/03/06/arbeitsbelastung-im-oepnv-gestiegen.html

Projektbeschreibung

Kontext

Im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) können die Kommunen auf Basis einer EU-Verordnung entscheiden, ob sie ihren kommunalen ÖPNV-Unternehmen die Verkehre per Direktvergabe ermöglichen wollen oder ob sie die Verkehre in einem Wettbewerbsverfahren ausschreiben wollen. Ziel der Verordnung ist es, Kosten zu senken. Die Entscheidung fast aller deutschen Großstädte für die Direktvergabe war und ist deshalb mit erheblichen Kostensenkungen trotz Beibehaltung und teilweise auch des Ausbaus des Verkehrsangebotes verbunden. Dabei steht der Fahrdienst als größter Produktionsbereich und mit der höchsten Beschäftigtenzahl besonders im Fokus. Unter diesem Druck sind mittels tarifvertraglicher und betrieblicher Regelungen die Arbeitsbedingungen, speziell in den Dienstplänen, verändert worden. Bei einem Verkehrsangebot an allen Tagen und fast rund um die Uhr bestimmen die Dienstpläne aber entscheidend den Lebensrhythmus der Fahrerinnen und Fahrer.

Fragestellung

Die Studie untersucht die subjektiven Einschätzungen und Beurteilungen der Fahrer zu den sozialpolitischen Entwicklungen in Zusammenhang mit der Restrukturierung. Im Mittelpunkt der Untersuchung standen die Veränderungen an den Dienstplänen unter dem Gesichtspunkt der Arbeitsverdichtung.

Neben den Einschätzungen der Fahrer werden die Darstellungen der Unternehmensverantwortlichen für die Dienstplanung, der Betriebsräte und der Vorstände, hier in Person der Arbeitsdirektoren, dargestellt.

Weiterhin erfolgte ein Abgleich mit den arbeitswissenschaftlichen Kriterien zur Schichtarbeit in Bezug zu den Dienstplänen für den Fahrdienst. Hierzu wurden die in der Arbeitswissenschaft vorherrschenden Kriterien herangezogen und mit den Bedingungen im ÖPNV verglichen.

Ebenso wurden Kriterien des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) zur Arbeitsqualität sowie die Kriterien zu "Arbeitsdimensionen" aus dem DGB-Index "Gute Arbeit" mit den aktuellen Entwicklungen im ÖPNV abgeglichen.

Untersuchungsmethoden

Zur Auswahl beispielhafter Unternehmen sind 17 mitbestimmte ÖPNV-Unternehmen mit der Bitte angeschrieben worden, sich kurzfristig zu einer Mitarbeit am Projekt zu äußern. Die ersten fünf Unternehmen, die sich zur Mitarbeit bereit erklärt haben, sind in die Untersuchung einbezogen worden. Zunächst sind Fragebogen an die Leiter der Dienstplanbüros zwecks Ermittlung der jeweiligen Dienstplanstrukturen versandt worden. In weiteren Schritten wurden dann die Interviews mit Fahrern und Unternehmensverantwortlichen geführt: Befragung von je drei oder vier Fahrern aus den am stärksten besetzten Dienstplänen, Befragung der Dienstplanverantwortlichen, Befragung der Betriebsräte, Befragung der Arbeitsdirektoren. Auf allen vier Ebenen ist in Form von Interviews mit halb standardisierten Leitfäden gearbeitet worden. In Einzelfragen sind telefonische Nachfragen erfolgt. Die Betriebsräte der Unternehmen sind von Anfang an über die Untersuchung informiert worden.

Darstellung der Ergebnisse

Die Arbeitsbedingungen im Fahrdienst haben sich deutlich verschärft.

- Insbesondere bedeutet die längere Lenkzeit pro Dienst eine höhere Belastung für die Fahrer. Sie ist bedingt durch den Wegfall bzw. die Verkürzung anderer Zeiten wie z. B. Wegezeiten, Vor- und Abschlusszeiten, bezahlter Pausen, Wendezeiten.

- Gleichzeitig hat sich durch die Verkehrslage und das Fahrgastverhalten eine intensivere Belastung in der Lenkzeit ergeben.

- Hinzu kommt die längere Arbeitszeit und größere Dienstausdehnung, die zu kürzeren Ruhepausen und längerer Abwesenheit von zu Hause führt. Was auf der Unternehmensseite als Produktivitätssteigerung zu registrieren ist, bedeutet auf der anderen Seite eine erhöhte intensive Arbeitsleistung und Belastung für die Fahrer.

- Die nach wie vor geringe Anzahl an freien Wochenenden wird ebenso beklagt wie die nur einzelfreien Tage, die nur geringe Erholung bieten.

- Insgesamt gesehen herrscht ein tiefer Unmut über die derzeitige Lage. Aus Sicht der Fahrer ist die Schmerzgrenze für negative Veränderungen erreicht. Neben der Kritik an den Veränderungen der Arbeitsbedingungen wird auch bei der Lohnhöhe keinerlei Möglichkeit für Absenkungen oder Lohnstopps gesehen.

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