Projektbeschreibung
Kontext
In Deutschland leben derzeit mehr als 2,3 Mio. Pflegebedürftige; hinzu kommen ca. 3 Mio. Menschen ohne Pflegestufe, die aber regelmäßig der Unterstützung von Dritten benötigen. Rund 2/3 von ihnen werden in der privaten Häuslichkeit versorgt. Prognosen gehen davon aus, dass sich bis 2050 die Zahl der Pflegebedürftigen verdoppelt. Politisch wie ökonomisch wird der privaten Pflege der Vorrang eingeräumt und auch die meisten Pflegebedürftigen ziehen die Versorgung in der eigenen Häuslichkeit der stationären Pflege vor. Das bedeutet: immer mehr Berufstätige stehen vor der Herausforderung ihren Beruf mit der Pflege nahestehender Angehöriger oder Freunde in Einklang zu bringen. Die Bereitschaft zur Übernahme sowie das Ausmaß solch privater Pflegeaufgaben hängten stark davon ab, ob die arbeitsweltlichen Rahmenbedingungen und insbesondere die Arbeitszeiten eine Vereinbarkeit von Pflege und Beruf ermöglichen.
Fragestellung
Aus der oben dargestellten Problembeschreibung ergeben sich zwei forschungsleitende Fragestellungen für das Projekt:
1. Welche Wechselbeziehungen bestehen zwischen Art und Umfang der Pflegetätigkeit und den jeweiligen realen (und gewünschten) Arbeitszeiten von abhängig Beschäftigten, die als Haupt- oder Nebenpflegepersonen häusliche Pflegeaufgaben übernehmen?
2. Wie müssten pflegesensible, betriebliche Arbeitszeiten aussehen? Welche Hinweise / Grundlagen lassen sich für ein Konzept "pflegesensibler Arbeitszeiten" benennen?
Untersuchungsmethoden
Im Fokus der qualitativen Studie "Pflegesensible Arbeitszeiten" stehen 90 qualitative leitfadengestützte Interviews mit abhängig Beschäftigten, die gleichzeitig im familiären Umfeld Pflegeaufgaben übernommen haben. Diese wurden im Rahmen von 1 bis 2 Stunden andauernden Gesprächen zu ihren Zeiten in Beruf und Pflege, zu ihren Erfahrungen im Umgang mit privater Pflegearbeit, sowie zu Problemen in der bzw. Wünschen an die Arbeitswelt befragt.
Ergänzend zu den Beschäftigteninterviews wurden 17 Experteninterviews mit inner- und außerbetrieblichen Akteuren geführt, die in Leitfaden-Interviews zur Gestaltbarkeit pflegesensibler Arbeitszeiten und der Entwicklung einer pflegesensiblen Betriebskultur befragt. Die Gesprächspartner aus dem betrieblichen Kontext kamen entweder aus Betriebsräten, dem Personalbereich oder den Geschäftsführungen.
Darstellung der Ergebnisse
- Es hat sich gezeigt, dass die Arbeitszeiten einen wesentlchen Einfluss auf die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege haben.
- Deutlich wurde aber auch, dass zu einem Konzept "Pflegesensible Arbeitszeiten" ein komplexes Bündel unterschiedlicher Maßnahmen im betrieblichen Umfeld gehört. Es besteht aus drei gleichwertigen Eckpunkten, die zusammen wirken. Dies sind die Ausgestaltung der Arbeitszeiten im engeren Sinne, die Arbeitsorganisation innerhalb der Unternehmen sowie die Betriebskultur, also das soziale Miteinander innerhalb der Unternehmen.
- Hinter jedem der drei Eckpunkte stehen eine Vielzahl einzelner Handlungsfelder und ganz konkreter Gestaltungsmaßnahmen. Sie bilden ein Portfolio an Handlungsmöglichkeiten für die betrieblich verantwortlichen Akteure.