Projektbeschreibung
Kontext
Bis Anfang der 1980er Jahre zeigte sich in Einstellungsstudien: Gewerkschaftsmitglieder erweisen sich als weniger empfänglich für rechtsextreme Orientierungen als der Durchschnitt der Bevölkerung. Doch seither hat sich das Bild gewandelt. Studien verweisen darauf, dass Mitglieder traditioneller Arbeitnehmerorganisationen nicht mehr immun gegen rechtsextreme Einstellungen sind, manche Studien zeigen gar bei organisierten Arbeitnehmer/innen größere Zustimmung zu rechtsextremen Einstellungen als beim Durchschnitt der Bevölkerung. Neuere Studien kommen zu widersprüchlichen Ergebnissen, es bleibt unklar, bei welchen Gruppen von Arbeitnehmern/innen rechtsextreme Tendenzen zu- oder abnehmen, deshalb ist es geboten, die Studien zu untersuchen, um hier zu eindeutigeren Ergebnissen zu kommen. Zusätzlich war zu erwarten, dass sich die Gewichte verschoben haben.
Fragestellung
Wie kommt es zu den widersprüchlichen Ergebnissen in Bezug auf rechtsextreme Einstellungen bei Arbeitnehmern/innen. Ist dies auf unterschiedliche Prämissen und Paradigmen der Studien zurückzuführen? Oder sind die Unterschiede in unterschiedlichen Methoden bzw. in unterschiedlichen Fragestellungen in den Umfragen, begründet?
Gibt es in Bezug auf rechtsextreme Einstellungen bei Arbeitnehmer/innen Unterschiede zwischen Organisierten und nicht Organisierten, regionale Unterschiede, Unterschiede zwischen prekär Beschäftigten und Festangestellten, Männer und Frauen?
Sind Gewerkschaftsmitglieder genauso anfällig oder sogar anfälliger für rechtsextreme Orientierungen als Nichtgewerkschaftsmitglieder?
Sind aktive Gewerkschaftsmitglieder ebenso anfällig wie passive Mitglieder?
Welche Faktoren begünstigen und hemmen rechtsextreme Einstellungen bei Arbeitnehmer/innen?
Untersuchungsmethoden
Folgende Studien wurden einer Sekundäranalyse unterzogen:
- Decker, O./ Brähler, E. 2006: Vom Rand zur Mitte. Rechtsextreme Einstellungen und ihre Einflussfaktoren in Deutschland
- Decker, O. u.a. 2008: Ein Blick in die Mitte.
- Dörre, K. u.a. 2006: Prekäre Beschäftigungsverhältnisse - Ursachen von sozialer Desintegration und Rechtsextremismus.
- Heitmeyer, W. u.a. 2002 - 2008: Deutsche Zustände. Folge 1-6.
- Stöss, R. u.a. 2007: Gewerkschaften und Rechtsextremismus. Anregungen für die Bildungsarbeit und politische Selbstverständigung der deutschen Gewerkschaften.
- Held, J. u.a. 2008: Rechtsextremismus und sein Umfeld. Eine Regionalstudie und die Folgen für die Praxis.
- Bibouche, S./ Held, J. 2002: IG-Metall-Jugendstudie
- Shell Deutschland (Hg.) 2006: Jugend 2006. 15. Shell-Jugendstudie
Darstellung der Ergebnisse
- In der Mehrzahl der Studien zeigen sich zwischen Gewerkschaftsmitgliedern und Nichtmitgliedern keine signifikanten Unterschiede in der Zustimmung zu rechtsextremen Aussagen.
- Linkes Selbstverständnis und Ungleichwertigkeitsvorstellungen schließen sich offenbar nicht mehr aus.
- Hohe Schulbildung korreliert mit geringerer Tendenz zu rechtsextremen Orientierungen.
- Drei Studien belegen, dass rechtsextreme Orientierungen im Osten stärker verbreitet sind als im Westen. Die Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung zeigt dagegen, dass sich West und Ost stark angenähert haben und für den Rechtsextremismus-Index insgesamt sogar die Zustimmung im Westen höher ist.
- In den allermeisten Studien lehnen Frauen rechtsextreme Aussagen signifikant häufiger ab als Männer.
- Verschiedene Studien verweisen auf höhere Zustimmungswerte bei Arbeitslosen zu rechtsextremen Aussagen.
- Laut der Tübinger Studie ist eine lokale Orientierung für die Entwicklung von rechtsextremen Einstellungen ein begünstigender Faktor.