Projektbeschreibung
Kontext
Krankenhäuser sind seit den 1990er Jahren unter anderem mit einer zusätzlichen Anpassungsdynamik infolge gesetzlicher Änderungen, mit massiven Umstrukturierungen, Fusionen und Trägerwechseln, einer Arbeitsverdichtung und neuen Konkurrenzen und Kooperationen konfrontiert. Diese tragen neben anderen Rahmenbedingungen, wie z.B. nicht ausreichend aufeinander abgestimmte Organisations- und Arbeits(-ablauf)strukturen, Selbstverständnis und berufliche Sozialisation zentraler Berufsgruppen etc. dazu bei, dass das System Krankenhaus krankt und die Beschäftigten vielfältige Belastungen erleben.
Durch Projekte ist zwar belegt, dass durch Betriebliches Gesundheitsmanagement Belastungen reduziert, Ressourcen gefördert und das Wohlbefinden der Beschäftigten sowie die Qualität der Patientenversorgung verbessert werden. Dennoch ist ein systematisches Vorgehen eher selten. Gleichzeitig wird unter anderem vor dem Hintergrund des demographischen Wandels zunehmend Handlungsbedarf thematisiert.
Fragestellung
Bezogen auf die Rolle ausgewählter überbetrieblicher Akteure wurden unter anderem folgende Fragestellungen reflektiert:
- Welchen Stellenwert haben die Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) und das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) im Gesundheitswesen für die überbetrieblichen Akteure im Vergleich zu anderen Branchen.
- Welche Motive gab und gibt es für das Engagement in diesem Handlungsfeld und inwieweit konnte in Krankenhäusern ein systematisches Vorgehen im Sinne des BGM realisiert werden? Welche Zielgruppen und Bereiche wurden dabei berücksichtigt?
- Wie wurden und werden bei den jeweiligen überbetrieblichen Unterstützern Ergebnisse und Erfahrungen aus den Projekten dokumentiert und für die weitere Strategie und Interventionsplanung ausgewertet?
- Was ist bei den Unterstützern über die Nachhaltigkeit und den Transfer BGF und BGM bekannt, und wie werden Spannungsfelder, Umsetzungshemmnisse und Chancen einer betrieblichen Gesundheitspolitik im Gesundheitswesen eingeschätzt?
Untersuchungsmethoden
Die Darstellung der Entwicklungen von BGF und BGM im Krankenhaus und in anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens sowie die Beschreibung zentraler überbetrieblicher Akteursgruppen stützt sich auf Literatur- und Datenbankrecherchen sowie auf Dokumentenanalysen. Es galt Entwicklungen, Stand und Perspektiven von BGF und BGM in Krankenhäusern sowie Entwicklungen in einschlägigen Politikfeldern zu reflektieren und unter anderem für die Erarbeitung eines Leitfadens zu nutzen. Dazu wurden einschlägige Projekt- und Forschungsberichte, eigene Interventionspraxis, der Erfahrungsaustausch mit Berater/innen und Vertreter/innen aus Hochschulen, Forschungsinstituten, Stiftungen und Netzwerken aus Krankenhäusern ausgewertet
Der Leitfaden bildete die Grundlage für Interviews mit Expertinnen und Experten verschiedener überbetrieblicher Akteursgruppen (Berufsgenossenschaften, Krankenkassen und ihre Institute, Gewerkschaften).
Darstellung der Ergebnisse
- Krankenhäuser sind für die Beschäftigten keine "Horte der Gesundheit": Einige der überbetrieblichen Akteure haben das durch Forschungen untermauert und als Unterstützer erlebt.
- Krankenhäuser sind hochkomplex: Betriebliches Gesundheitsmanagement ist daher häufig nur mit hohem Aufwand realisierbar. In anderen Branchen wird außerdem mehr Veränderungsbereitschaft wahrgenommen.
- Im Krankenhaus binden langwierige Entscheidungsprozesse viel Zeit. Hierarchische Strukturen, eine Fülle von Schnittstellen und vielfältige Interessenkonflikte machen Prozesse schwerfälliger und verhindern zum Teil die Umsetzung beschlossener Maßnahmen. Die vorherrschende Kultur und Gratifikationsmechanismen führten die Thematisierung der Mitarbeitergesundheit schnell ad absurdum. Außerdem sei der "return on investment" im Krankenhaus schwer zu belegen.
- Nicht zuletzt tritt ein Teil der überbetrieblichen Akteure im BGM als Berater auf, ist gleichzeitig aber Vertragspartner (z.B. bei Pflegesatzverhandlungen). Auch das trägt dazu bei, dass zwar mehr BGF- / BGM Projekte und Anfragen zu verzeichnen sind, überbetriebliche Akteure bezogen auf Krankenhäuser aber eher eine reagierende Haltung einnehmen.