Forschungsprojekt: Softwarepatente in Europa

Konkurrierende Modelle der Regulierung geistigen Eigentums in der Wissensgesellschaft am Beispiel der europäischen Auseinandersetzung um Softwarepatente

Projektziel

Softwarepatente sind in Europa von einem arkanen Rechtsgegenstand zu einem heiß umkämpften Konfliktfeld geworden. Im Forschungsprojekt zu konkurrierenden Modellen der Regulierung geistigen Eigentums wurde die Akteurskonstellation dieses Konflikts erforscht.

Projektbeschreibung

Kontext

Die Frage, ob es in Zukunft Patente für Software geben soll, hat in Europa zu einem politischen Konflikt geführt, dessen Bedeutung weit über den konkreten Anlass hinaus reicht. Auf der inhaltlichen Ebene geht es in diesem Konflikt um grundlegende Fragen der Regulierung von Wissensbeständen in einer Gesellschaft, in der die Produktion und Distribution von Wissen gegenüber traditionellen Produktionsfaktoren immer stärker in den Vordergrund tritt. Auf der Akteursebene stehen sich in diesem Konflikt zwei Parteien gegenüber, die in höchst unterschiedlicher Weise über ökonomische und Machtressourcen verfügen können. Den an ökonomischen und Machtressourcen schwächeren Akteuren ist es dabei gelungen, den europäischen Entscheidungsprozess in dieser Frage überraschend stark zu beeinflussen, was um so mehr erstaunt, als die Frage der Softwarepatente zentrale Aspekte der Technologiepolitik und der Integration des europäischen Binnenmarkts berührt.

Fragestellung

1. Im Forschungsprojekt wurden am Beispiel der Auseinandersetzung um die europäische Richtlinie zu Softwarepatenten untersucht, welche Akteure im Kontext technischer Innovationen welche Modelle der Regulierung von Wissensbeständen präferieren und welche Argumente sie dafür ins Feld führen.

2. Es ging weiterhin darum, die Akteursnetzwerke zu analysieren, um auf dieser Ebene Erklärungen für die überraschend starke Position der Softwarepatent-Gegner zu finden.

Untersuchungsmethoden

Um die diskursiven Positionierungen und das Akteursnetzwerk der am Konflikt Beteiligten zu erheben, wurde - aufbauend auf leitfadengestützte Interviews - in einer Netzwerkanalyse der diskursive Bezugnahmen und die Interaktionsbeziehungen der beteiligten Akteure untersucht.

Darstellung der Ergebnisse

Die Ergebnisse der Netzwerk- und Diskursanalyse lassen sich wie folgt zusammenfassen:

- Die vielfältigeren Argumentationsmuster der Gegner von Softwarepatenten mit ihrer Mischung aus ökonomischen und politischen Argumenten erwiesen sich als wirkungsvoller gegenüber vielen Mitgliedern des Europäischen Parlaments als die rein ökonomische Argumentation der Befürworter.

- Die Vielfältigkeit und Flexibilität der Argumentation spiegelt sich auch im Kooperationsnetzwerk der Patentgegner wieder, das deutlich ausdifferenzierter ist. Bei den Befürwortern liefen fast alle Kontakte über eine relative kleine Zahl zentraler Schaltstellen.

- Diese Strategie machte deren Nachteile hinsichtlich finanzieller Ausstattung, ökonomischer Macht und bereits bestehender Zugänge in die Institutionen wett.

- Nach diesen Ergebnissen erscheint es tatsächlich plausibel, dass es den eigentlich in jeder Hinsicht schwächeren Gegnern von Softwarepatenten gelungen ist, dem expliziten politischen Willen der Kommission und der institutionell starken Fraktion der Befürworter etwas entgegen zu setzen und die Richtlinie scheitern zu lassen.

Projektleitung und -bearbeitung

Projektleitung

Sebastian Haunss
Universität Hamburg Institut für Politische Wissenschaft

Kontakt

Dr. Saskia Freye
Hans-Böckler-Stiftung
Forschungsförderung