Projektbeschreibung
Kontext
In der betrieblichen Leistungssteuerung finden weitreichende Umbrüche statt, deren Kern die Entkoppelung der Leistungsdefinition vom Arbeitsaufwand und die gleichzeitige Verkoppelung von "Leistung" mit einem abstrakt gesetzten Ergebnis ist (Stichwort: "indirekte Steuerung", "Vermarktlichung"). Vor diesem Hintergrund bekommt das Problem steigenden Leistungsdrucks neues Gewicht. Im Angestelltenbereich sind die Möglichkeiten zur Leistungsregulierung bislang sehr eingeschränkt. Indem mit ERA das Entgelt von Angestellten (zumindest in Teilen) auch leistungsbezogen ermittelt wird (bzw. werden könnte), werden nun auch die Leistungsbedingungen im Angestelltenbereich mitbestimmungspflichtig. ERA ist damit nicht nur als Meilenstein der tarifpolitischen Geschichte der Metall- und Elektroindustrie zu verstehen, sondern eröffnet auch neue leistungspolitische Optionen im Angestelltenbereich.
Fragestellung
Die Fragestellung des Projekts lautet: Welche Impulse gehen vom ERA für eine neue Leistungspolitik im Angestelltenbereich aus? Diese Frage richtet sich zum einen auf die betriebliche ERA-Umsetzung und zum anderen auf die Bedingungen, Entwicklungslinien und Interessenstrukturen der betrieblichen Leistungspolitik. Im Einzelnen resultieren hieraus drei Untersuchungsfragen:
- Welche Merkmale und Entwicklungstendenzen kennzeichnen die derzeitige Leistungspolitik im Angestelltenbereich und welche Bedeutung kommt dem Zusammenhang von Leistung und Entgelt darin zu?
- Welche Erwartungen und Interessen verbinden alle betrieblichen Akteure mit der Neugestaltung der Leistungsentgelte im Angestelltenbereich im Rahmen der ERA-Umsetzung?
- Wie verläuft die ERA-Umsetzung in den Betrieben, welche Ansätze der ERA-Umsetzung von Leistungsentgelten im Angestelltenbereich verfolgen die Akteure und inwiefern verbindet sich damit eine Neugestaltung der Leistungsbedingungen?
Untersuchungsmethoden
Neben überbetrieblichen Expertengesprächen wurden 10 Fallstudien (5 Intensiv- und 5 Kurzfallstudien) in unterschiedlichen Betrieben durchgeführt. Die Betriebe unterscheiden sich u.a. hinsichtlich ihres Angestelltenanteils, des Tarifbezirks sowie des Zeitpunkts der ERA-Einführung. Im Mittelpunkt der Fallstudien stehen zum einen Einzel- und Gruppengespräche mit betrieblichen Experten (v.a. Betriebsleitung, Personalzuständige und Betriebsrat) und zum anderen Einzel- und Gruppeninterviews mit Führungskräften und Beschäftigten verschiedener Angestelltengruppen (Hochqualifizierte, Produktionsnahe und Verwaltungsangestellte). Insgesamt wurden 80 Einzel- und Gruppeninterviews mit 175 Personen (Beschäftigte, Führungskräfte, Managementvertreter, Entgelt- und/oder ERA-Beauftragte, Betriebsräte) durchgeführt.
Darstellung der Ergebnisse
a. Die ERA-Umsetzung steht in der Kontinuität betrieblicher Entwicklungspfade und hat dabei eine "Brennglas-Wirkung": Generelle Entwicklungstendenzen, schon länger schwelende Anerkennungsdefizite und Konflikte um betriebliche Leistungspolitik im Angestelltenbereich werden gebündelt und verstärkt.
b. Zur Leistungspolitik: In allen Betrieben sind Zielvorgaben ein zentrales Steuerungsinstrument. Diese erreichen die unmittelbare Arbeitsebene aber nur indirekt: Es entsteht eine "Steuerungslücke", die von den Führungskräften der untersten Ebene und vor allem von den Beschäftigten selbst geschlossen werden muss. "Leistung" im Angestelltenbereich ist deshalb vor allem "Leistung der Selbststeuerung".
c. Die Neugestaltung der Leistungsentgelte wird nur zögerlich angegangen - aufgrund unterschiedlicher Zielsetzungen, die die Akteure damit verbinden und wegen ambivalenter Situationsdeutungen der leistungspolitischen Entwicklung. Das leistungspolitische Potenzial des ERA entfaltet sich nicht zuletzt aber darin, dass eine institutionelle Gelegenheitsstruktur für den Prozess der Auseinandersetzung über die Arbeits- und Leistungsanforderungen und deren Gegenwert eröffnet wird.