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PressemitteilungenIMK-Kurzanalyse zur US-Wahl: Wahl von Joe Biden bringt positive weltwirtschaftliche Impulse, Handelskonflikte dürften nur zum Teil beigelegt werden
08.11.2020
Die Wahl von Joe Biden zum neuen US-amerikanischen Präsidenten bringt der Welt – und, in gewissem Umfang, auch der deutschen Wirtschaft positive Impulse – auch wenn die Wahl sehr knapp ausgefallen ist und die Mehrheit im Senat noch in der Schwebe hängt. Das liegt vor allem daran, dass die neue US-Regierung zu einem großangelegten neuen Konjunktur- und Investitionsprogramm bereit ist, das die Chance auf eine rasche wirtschaftliche Erholung der USA nach der Corona-Krise erhöht. Die Trump-Administration hatte ein solches Programm vor der Wahl verweigert. Da die Mehrheit im Senat weiter unklar ist, könnte das Stabilisierungs- und Investitionsprogramm allerdings weniger groß ausfallen als im Wahlkampf angekündigt wurde – und es auch notwendig wäre. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Kurzstudie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung.
In ihrem Policy Brief analysieren die Forscherinnen und Forscher die Konsequenzen, die der Machtwechsel in Washington für drei zentrale Bereiche bringen dürfte: die US-Konjunktur, die amerikanische Handelspolitik und die nationale und internationale Klimapolitik der USA. Sie kommen zu dem Schluss, dass auch der transatlantische Handel vom Machtwechsel im Weißen Haus profitieren wird. Biden werde den Handelsstreit mit der EU auf dem Verhandlungswege beilegen wollen – auch um die Europäer als Verbündete in der wirtschaftspolitischen Auseinandersetzung mit China zu gewinnen. Der Handelskonflikt mit der Volksrepublik dürfte auch unter dem neuen Präsidenten fortgesetzt werden. Schließlich erwarten die Ökonomen, dass die neue Regierung der internationalen Klimapolitik neuen Schwung gibt. Außerdem dürften verstärkte Investitionen in die technologische Entwicklung zukunftsträchtiger Felder wie der Wasserstoffwirtschaft oder der Solarenergie getätigt werden.
Die Wahl von Joe Biden und Kamala Harris ist eine gute Nachricht für die Weltwirtschaft. Und das nicht nur, weil die Abwahl von Donald Trump eine gute Nachricht ist.
„Es ist positiv, dass die Zeit oft brachial-erratischer Eskalationen in Handelsfragen nun vorbei sein dürfte und eine Präsidentschaft endet, die Steuersenkungen für Wohlhabende als wichtiges konjunkturpolitisches Instrument verkauft hat. Nimmt man das Wahlprogramm der Demokraten ernst, sind auch darüber hinaus positive Impulse zu erwarten. Denn die neue Administration stellt bedeutende Investitionen in Infrastruktur, auch in `grüne´ Energietechniken, in Aussicht. Außerdem plant sie Maßnahmen, die für mehr Beschäftigung und eine höhere Kaufkraft auch von Mittelschichts- und ärmeren Haushalten sorgen.“
„Allerdings wachsen die Bäume auch nicht in den Himmel, insbesondere aus europäischer und deutscher Perspektive nicht“, betont Dullien. „Die knappen Mehrheitsverhältnisse im Senat und die konservative Dominanz am obersten Gericht werden weitreichende Reformen und die von Biden im Wahlkampf angekündigten gewaltigen Ausgaben in Höhe von fast 10 Billionen US-Dollar für die nächsten zehn Jahre wohl verhindern“, erwartet der Ökonom. „Das ist auch ein Grund, warum sich aus den US-Investitionsprogrammen für die deutsche Wirtschaft lediglich ein eher moderater Nachfrageeffekt ergeben wird. Der zweite: Auch die neue US-Administration dürfte darauf dringen, dass bei der öffentlichen Beschaffung vor allem US-Unternehmen zum Zuge kommen. Zusätzliche Absatzchancen für deutsche Anbieter ergeben sich also vor allem dort, wo es wenige heimische Anbieter gibt.“
Keinen raschen Kurswechsel erwarten Dullien und seine Ko-AutorInnen Dr. Sabine Stephan, Dr. Silke Tober und Dr. Thomas Theobald auch im Verhalten der USA gegenüber der Welthandelsorganisation und der Volksrepublik China. „In Sachen Handelspolitik hat Joe Biden mächtige Druckmittel von seinem Amtsvorgänger geerbt, die er nicht vorschnell und nur gegen substanzielle Gegenleistungen zurücknehmen wird. Deshalb wird er sowohl die Strafzölle gegen China als auch die Blockade der WTO zunächst aufrechterhalten“, schreiben die WissenschaftlerInnen. „Da Biden im Gegensatz zu Trump an einer Kooperation mit den Verbündeten interessiert ist, um gemeinsam mit diesen China `einzuhegen´“, stünden aber die Chancen gut, dass die USA unter dem neuen Präsidenten zumindest „mittelfristig zum Multilateralismus zurückkehren“.
Kontakt
Prof. Dr. Sebastian Dullien,
Wissenschaftlicher Direktor IMK
Rainer Jung,
Leiter Pressestelle
Weitere Informationen
- Sebastian Dullien, Sabine Stephan, Thomas Theobald, Silke Tober:
Demokraten erobern Weißes Haus, aber Mehrheitsverhältnisse im Senat begrenzen wirtschaftspolitischen Spielraum,
IMK Policy Brief Nr. 99, November 2020. Download (pdf)
- Mit dem Machtwechsel in Washington beschäftigt sich auch die neue Ausgabe unseres Podcasts „Systemrelevant“. Kehrt mit Biden der Friede zurück in den Welthandel? fragen sich Sebastian Dullien und Moderator Marco Herack. Download