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Lebensmittel auf der Arbeitsplatte einer Küche ausgebreitet und ein Mann hält in seiner Hand einen Kassenbon Pressemitteilungen

Neue Werte und erweitertes Datenangebot: IMK-Inflationsmonitor: Teuerungsraten unterschiedlicher Haushalte nahe am Inflationsziel – Zeit für zügige Zinssenkungen

18.03.2024

Die Inflationsrate in Deutschland ist im Februar auf 2,5 Prozent gesunken. Damit ist sie vom Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von zwei Prozent nicht mehr weit entfernt – obwohl mehrere Maßnahmen der Bundesregierung zuletzt preistreibend gewirkt haben. Die Inflationsbelastung verschiedener Haushaltstypen, die sich nach Einkommen und Personenzahl unterscheiden, lag dabei relativ nah beieinander. Der Unterschied zwischen der höchsten und der niedrigsten haushaltsspezifischen Rate betrug im Februar einen Prozentpunkt. Während einkommensschwache Haushalte im Mittel der Jahre 2022 und 2023 eine höhere Teuerung schultern mussten als Haushalte mit mehr Einkommen, war ihre Inflationsrate im Februar unterdurchschnittlich: Der Warenkorb von Alleinlebenden mit niedrigen Einkommen verteuerte sich um 1,6 Prozent, der von Familien mit niedrigen Einkommen um 1,8 Prozent. Das ergibt der neue IMK Inflationsmonitor, den das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung vorlegt.

Dr. Silke Tober, IMK-Inflationsexpertin, und der wissenschaftliche Direktor Prof. Dr. Sebastian Dullien berechnen seit Anfang 2022 monatlich spezifische Teuerungsraten für neun repräsentative Haushaltstypen, die sich nach Zahl und Alter der Mitglieder sowie nach dem Einkommen unterscheiden. Seit kurzem liefert der Monitor ein erweitertes Datenangebot: Online lassen sich längerfristige Trends der Inflation für alle sowie für ausgewählte einzelne Haushalte im Zeitverlauf in interaktiven Grafiken abrufen.

Die längerfristige Betrachtung illustriert noch einmal sehr anschaulich, dass ärmere Haushalte während der aktuellen Teuerungswelle bis in den Sommer 2023 hinein besonders stark durch die Inflation belastet waren, weil sie einen großen Teil ihres schmalen Budgets für Güter des Grundbedarfs wie Nahrungsmittel und Haushaltsenergie ausgeben müssen. Diese waren die stärksten Preistreiber. Im Laufe der letzten Monate hat die Preisdynamik dort aber stark nachgelassen, so dass sich die einkommensspezifischen Differenzen seit dem Höhepunkt im Oktober 2022 deutlich verändert haben. Damals hatten Familien mit niedrigen Einkommen die höchste Inflationsbelastung im Haushaltsvergleich mit 11,0 Prozent. Dagegen waren es beim Haushaltstyp der Alleinlebenden mit sehr hohen Einkommen 7,9 Prozent. Vor einem Jahr, im März 2023, waren es Alleinlebende mit niedrigen Einkommen, die mit der höchsten Teuerungsrate konfrontiert waren – 8,7 Prozent. Alleinlebende mit sehr hohen Einkommen lagen auch in diesem Monat mit 6,3 Prozent deutlich niedriger und unter der allgemeinen Inflationsrate von damals 7,4 Prozent.  

Dass die allgemeine Inflationsrate von Januar auf Februar 2024 um 0,4 Prozentpunkte zurückgegangen ist, liegt vor allem daran, dass die Preise für Energie niedriger lagen. Zudem verteuerten sich Lebensmittel zwar um 1,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr, aber auch das stellt eine starke Verlangsamung gegenüber den Monaten zuvor dar. 

Auch bei den übrigen untersuchten Haushaltstypen jenseits der einkommensschwachen Haushalte wirkte sich die nachlassende Preisdynamik für Güter und Dienstleistungen des Grundbedarfs aus, allerdings weniger stark als bei den ärmeren: So betrug die Preissteigerung bei Alleinlebenden mit sehr hohen Einkommen sowie bei Paarfamilien mit hohen Einkommen im Februar 2,6 Prozent. Der Warenkorb von Paaren ohne Kinder mit mittleren Einkommen verteuerte sich um 2,5 Prozent, der von Paarfamilien mit mittleren Einkommen um 2,3 Prozent. Bei Alleinlebenden mit höheren Einkommen schlug die Inflation mit 2,2 Prozent zu Buche. Bei Alleinlebenden und bei Alleinerziehenden mit jeweils mittleren Einkommen legten die Preise im Jahresvergleich um 2,1 Prozent zu. 

EZB sollte Zinsen rasch senken

Der Rückgang der Teuerung wäre noch stärker ausgefallen, wenn der Staat zum Jahresanfang nicht preistreibend eingegriffen hätte, was sich auch im Februar auswirkte. Ohne die vorzeitige Beendigung der Energiepreisbremsen, die stärkere Erhöhung des CO2-Preises und die Rückkehr zum normalen Mehrwertsteuersatz im Gastgewerbe hätte die Inflationsrate im Februar noch um etwa einen halben Prozentpunkt niedriger gelegen, also bei rund 2,0 Prozent, so die Fachleute des IMK. 

Für die kommenden Monate erwarten Tober und Dullien, dass die Europäische Zentralbank auf die deutlich gesunkenen Inflationsraten in Deutschland wie im gesamten Euroraum mit Zinssenkungen reagiert. Offensichtlich habe der Rückgang der Teuerung die Notenbank überrascht – seit der letzten Zinserhöhung im September 2023 hat die EZB ihre Inflationsprognose für 2024 gleich zweimal um insgesamt 0,9 Prozentpunkte nach unten revidiert. Dementsprechend bremsen die hohen Leitzinsen die Konjunktur noch stärker als vor kurzem erwartet. Hinzu kommt, dass die Regierungen verschiedener Euro-Staaten in den letzten Monaten fiskalpolitisch die Zügel angezogen haben – insbesondere Deutschland nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts im November. Das belastet die Wirtschaftsentwicklung zusätzlich. Wenn die EZB nicht schnell gegensteuere, riskiere sie, „dass sich die stagnativen Tendenzen verfestigen“ und die Inflationsrate noch spürbar unter das Ziel von zwei Prozent falle. „Vor diesem Hintergrund sind zügige Zinssenkungen nicht nur erforderlich, sondern auch zu erwarten“, schreiben Tober und Dullien. 

Informationen zum Inflationsmonitor

Für den IMK Inflationsmonitor werden auf Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamts die für unterschiedliche Haushalte typischen Konsummuster ermittelt. So lässt sich gewichten, wer für zahlreiche verschiedene Güter und Dienstleistungen – von Lebensmitteln über Mieten, Energie und Kleidung bis hin zu Kulturveranstaltungen und Pauschalreisen – wie viel ausgibt und daraus die haushaltsspezifische Preisentwicklung errechnen. Die Daten zu den Haushaltseinkommen stammen ebenfalls aus der EVS. Im Inflationsmonitor werden neun repräsentative Haushaltstypen betrachtet: Paarhaushalte mit zwei Kindern und niedrigem (2000-2600 Euro), mittlerem (3600-5000 Euro), höherem (mehr als 5000 Euro) monatlichem Haushaltsnettoeinkommen; Haushalte von Alleinerziehenden mit einem Kind und mittlerem (2000-2600 Euro) Nettoeinkommen; Singlehaushalte mit niedrigem (unter 900 Euro), mittlerem (1500-2000 Euro), höherem (2000-2600 Euro) und hohem (mehr als 5000 Euro) Haushaltsnettoeinkommen sowie Paarhaushalte ohne Kinder mit mittlerem Haushaltsnettoeinkommen zwischen 3600 und 5000 Euro monatlich. Der IMK Inflationsmonitor wird monatlich aktualisiert.

Weitere Informationen

Sebastian Dullien, Silke Tober, IMK Policy Brief Nr. 165, März 2024.
IMK Inflationsmonitor: Inflation in Deutschland und im Euroraum nähern sich weiter der 2-Prozent-Marke: Zinssenkung überfällig.

Die Pressemitteilung mit Abbildung (pdf)

Ergebnisse des Inflationsmonitors in interaktiven Grafiken

Kontakt 

Prof. Dr. Sebastian Dullien
Wissenschaftlicher Direktor IMK

Dr. Silke Tober
IMK-Expertin für Geldpolitik

Rainer Jung
Leiter Pressestelle

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